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Onoko – Sehen, Fühlen, Hören

Cologny/GE –  Das Centre culturel du Manoir im Genfer Vorort Cologny zeigt zurzeit eine monografische Schau der einen der beiden künstlerischen «persona», die Manon Duparc (*1991) & François Pain (*1988) in den letzten Jahren kreiert haben. Gebürtig in Frankreich, stiessen die beiden bereits in den ersten Monaten ihrer Studien – sie in Innenarchitektur und Design, er in Architektur – in Genf von 2009 bis 2013 aufeinander und begannen, sich sofort rundum auf einer Wellenlänge erkennend, schon bald auch von einer beruflichen Zusammenarbeit zu träumen, die sie seit 2016 exklusiv auf das fotografische Bild fokussiert haben. So gehen sie davon aus, dass Kameraaufnahmen durch die omnipräsenten Mobiles und Tablets zum meistkonsumierten Medieninhalt geworden sind. Sie möchten jedoch die Googleisation unterlaufen, den Glauben, wenn man irgendwo eine Figur auf Grund erkennen kann, bereits etwas gesehen und verstanden hat.

 

Think Utopia

2016 schufen sie die mit Think Utopia eine Architekturfotografieagentur, deren Stil ihnen schon bald prestigeträchtige Aufträge rund um die Welt sicherte wie kürzlich etwa die Fotografie des Umbaus von Tadeo Ando der Handelsbörse von Paris in ein Museum der Fondation Pinault. François Pain und Manon Duparc stellen darin entgegen jedes Architekturfotografiemanuals leere Flächen in das Zentrum und zeigen die strukturierenden Elemente der Bauten und ihrer Einrichtungen nur in Ausschnitten. Dafür lassen sie oft eine Suggestion flüchtigen Lebens in ihre Bilder gleiten, eine paar Lichtflecken, ein just aus dem Blickfled gezogener Stuhl und eine eintretende Figur und sogar Unordnung und Unglücke wie ein Kabel oder ein zu Boden gestürzter Eisbecher. Erst im Geist der Betrachtenden setzt sich das Gebäude oder die Einrichtung zusammen, nicht ohne ein Gefühl das Rauschens des Universums auf unterschiedlichen Eben gehört zu haben. 

 

Onoko

2020 schufen Manon Duparc & François Pain weiter das Kunststudio Onoko und fingen gleich an, in Off Spaces und Project Rooms aufzutreten, vor allem in und um Genf, in Gruppenschauen jedoch auch in Bern und Venedig, während sich ein weiteres Projekt in Japan nur wegen der Pandemie verzögert hat. Die Monografie im Centre culturel du Manoir in Cologny ist jedoch die bislang grösste Schau des für sein Alter beeindruckend ruhig und klar, aber auch mit Humor auftretenden Paars.

Im Gegensatz zur ersten Einzelschau Voyage entre les mondes in der Fondation WRP, aber ähnlich wie bereits bei den beiden folgenden – so Résonances in der Galerie Analix Forever und Ecoute visuelle im Espace BoraBora – breitet sie einzig und allein die Produktion von Onoko aus. Und wie dort dreht sie sich auch unter dem noch expliziteren Titel Synésthesie um die Tatsache, dass wir Bilder nicht nur logozentrisch anreichern, sondern notabene mit anderen sinnlichen Erfahrungen verknüpfen wie einer Temperatur, einem Duft und last but not least einer Musik. Und Felder für derartige Reisen in die intimste Welt unseres Inneren bietet die Ausstellung wahrlich, in grosser Vielfalt und überraschenden Nuancen und Details, obschon alle Fotografien nach der gleichen bereits 2018 entwickelten Methdode erschaffen worden sind. 

 

Freiheit

Onoko aktiviert sich im Gegensatz von Think Utopia vor allem beim freischwingenden Herumflanieren neben den Aufträgen oder auf Reisen. François Pain und Manon Duparc drücken hier ab, wenn eine Atmosphäre ihr Herz trifft, und verunklären dabei bereits alles Figurative, das die Aufnahmen geschwätzig machen würden. Die in der Folge nicht mehr bearbeiteten Bilder, die so einzig und allein aus komplexen Farbdegradierungen bestehen, weisen trotzdem etwas stark Konstruktives auf, in dem sich sich das jahrelange Training der beiden als Zeichner und Zeichnerin, Erbauer und Erbauerin verrät. Sonst würden die Bilder von Onoko wohl auseinanderfallen, besonders in den grösseren Formaten. Tatsächlich drucken Manon Duparc & François Pain die Motive von Onoko in unterschiedlichen Formaten auf zwei Papierarten aus. Die kleineren und mittleren Formate, die sich mit einem neutralen Rand auf handgeschöpftes Japanpapier mit unregelmässiger Oberfläche gebannt finden, assoziiert man mit Arbeiten auf Papier, die man in die Hände nehmen und unter die Augen führen kann, umso mehr, als dass sie in der Ausstellung teils sogar von Klammern auf Wäscheleinen mitten im Raum hängen. Die grösseren Formate sind jedoch auf feines Hahnemühlepapier gespritzt und hinter Glas gerahmt, was ihnen eine immense Tiefe verleiht und sie Gemälden annähert.

 

Fundamentales

Alle heissen sie jedoch ‹PERCEPT› nach dem Diktum von Gilles Deleuzes «le métier du philosophe c'est faire des concepts, le métier de l'artiste c'est faire des percepts». Weiter sind sie mit Angaben zum Land und teils sogar zum Breitengrad und der Zeit der Aufnahme sowie einer poetischen Legende wie «Histoire nuageuse le long de la rivière Preaek Tuek Chhu» versehen. Nur selten stösst man dabei auf «No Name Places». Eine Tankstelle in der Poebene auf dem Weg von Venedig nach Hause, deren schwefelgelbes Neonlicht zwischen den violetten und schlammfarbenen Tönen einer agrarischen Landschaft beim Einnachten festgehalten worden ist, bestätigt die Regel. Ansonsten reist man an den Fuss des Mont Fuji oder steigt ab in einem gemütlichen Hotel in Notting Hill ab. Und auch die Musik, die Onoko zu den grösseren Werken, wie deren Titel vermerkt, synästhetisiert hat, gehört zum Feinsten von Bach bis zu legendären Figuren des Jazz. Die von dem Paar hierdurch auch manifestierten Ambition wäre vermessen, wenn ihre Arbeit nicht bereits diese profunde Recherche zu Form, Farbe und Textur ohne Angst vor dem Zufall und dem Unfall enthalten würde. Die Bilder überzeugen und bringen eine Imagination in den Fluss, die sehr bald Fundamentales berührt, Anfang und Ende, die Schöpfung, der Wert und der Sinn des Lebens. Man wird durch diese Bilder wieder einmal daran erinnert, wie viel schieres Glück im Einschwingen in just das, was sich um uns bewegt, aufgeht und untergeht, gewonnen werden kann.

Eine Diaschau und Videoinstallation gesellen sich zu ihnen, von denen vor allem letztere dieses Anliegen von Onoko noch expliziert. So ziehen hier die Motive so vorüber, dass sie eine Narration ergeben, die mit der extremen Konzentration der Energie in einem Schwarzen Loch beginnt. Ein Urknall folgt, der ein neues sich ausdehnendes und damit für immer mehr Licht und Farben einen Raum schaffendes Universum aufgehen lässt. Bereits an der Vernissage wurde diese Videoinstallation mit einer Life Performance des Genfer Pianisten Nikia Imhoof und des japanischen Vibraphonisten Masyoshi Fujita untermalt, die nun aus der Konserve geholt werden kann. Aber an der Finissage heute Abend – Samstag, den 10. Oktober - wird Nikia Imhoof nochmals in einer Life Performance die Saiten des Flügels vor dieser Videoinstallation erst nur klirren lassen, dann behämmern und zuletzt immer feiner und differenzierter bespielen. Nicht verpassen!

Institutionen

Titel Land Ort Details
Centre culturel du Manoir
Schweiz
Cologny
Cologny

Künstler:innen

Ausstellungen / Events

Titel Datum Typ Ort Land Details
Onoko — François Pain, Manon Duparc - Ausstellung Cologny Schweiz
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Ausstellung
Cologny
Schweiz