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Werkschau Kanton Zürich 2022 — Aldo Mozzini

Von der Bus-Endstation in Affoltern, vorbei an einem neuen Mehrfamilienhaus und Hecken, hinauf in den ersten Stock über einer Coop-Filiale: Hier liegt Aldo Mozzinis Atelier – mit Blick auf die A1 und grüne Wiesen. Seit er sich in den 1970er-Jahren ein Zugticket Locarno–Zürich einfach kaufte, lebt und arbeitet er in Zürich. Aldo Mozzinis Werk umfasst neuere figurative Arbeiten aus Textilien sowie architektonische Rauminstallation und Zeichnungen. Letztere begleiten sein künstlerisches Schaffen seit Anbeginn, werden jedoch kaum je in Ausstellungen gezeigt. «Beim Zeichnen schaltet die Geschwindigkeit des Strichs das Denken aus», sagt Aldo Mozzini. Dabei entstehen auf dem Papier keine Skizzen für neue Arbeiten. Vielmehr dienen bestehende Werke als Ausgangslage für Zeichnungen, in denen eine Suche weitergeht, die nicht in einem konkreten Resultat enden muss.

Unser Gespräch kreist um «Orte»: Aldo Mozzini kommt immer zu früh zu Verabredungen, um Zeit für den Ort und dessen Stimmung zu haben. Wie entsteht Atmosphäre und wie funktionieren Räume, oder eben nicht? Wie reagieren Menschen in unterschiedlichen Umgebungen, wie bewegen sie sich darin? Aldo Mozzinis Interesse an der Architektur kommt mitunter daher, dass diese scheinbar gegeben ist und uns täglich umgibt. Architektur kann anstrengend oder beflügelnd wirken. Die von Aldo Mozzini gebauten Städte sind subjektive Konstruktionen, bestehend aus Elementen, die für ihn den urbanen Raum konstituieren.

Aldo Mozzini versichert, sein Atelier sei nicht immer so aufgeräumt. Ein Kronleuchter aus rohem Holz, unsymmetrisch und mit sichtbarer Verkabelung liegt auf einem Regal und gehört zu einer Gruppe von Leuchtern, denen jegliche majestätischen Attribute genommen wurden. Stofflappen stapeln sich nach Farbe sortiert auf einem rollbaren Tisch. Fragmente von Werken dienen als Regal oder sind im Büchergestell versorgt: Die Werke werden nicht im Lager aufbewahrt – alles wird wieder zu Material. 

Abgedeckt, zur Wand ausgerichtet, steht das Werk quasi un’immagine. Bestehend aus einer Bockleiter und einem darüber geworfenen Tuch aus zusammengenähten, gebrauchten Radierlumpen aus dem Tiefdruckatelier erinnert das Objekt an einen kleinen Menschen. 

Die Stofflappen sammelt der Künstler seit bereits vierzig Jahren, die Zeit, in der er Tiefdruck unterrichtet. Sie tragen schwarze Spuren vom Abwischen der Hände. Vor drei Jahren fanden sie in quasi un cane zum ersten Mal Verwendung: Das schlaffe Material für die am Boden liegende Figur eines Hundes war eine Gegengeste zur männlichen, vertikalen Skulptur. Doch auch in der aktuellen Arbeit quasi un’apparizione zieht die Schwerkraft den hängenden Stoff zu Boden, wird zum sprechenden Element. Entgegen vieler anderer Arbeiten von Mozzini funktioniert dieses Werk als Solitär und passt deshalb gut in die Werkschau. 

Laura Breitschmid studiert Kulturpublizistik (MA Art Education) an der Zürcher Hochschule der Künste und arbeitet als Kuratorin. 

 

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Aldo Mozzini

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