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Wie kam der Berg zu mir, oder wie kam ich zum Berg?

Eigentlich wie die Jungfrau zum Kind. Vor einigen Jahren habe ich nach einem Sommer-Projekt gesucht. Es war nicht ganz einfach, dann sagte der Regisseur und Bio-Bauer Arthur Bühler er hätte seine Mutter-Kühe auf der Safienalp und dort könnte ich vielleicht malen. Ich dachte: als Schweizer Künstlerin sollte ich Bergen auch in meinem Repertoire haben…also nichts wie hin!

Ich war völlig unvorbereitet auf das was mich erwartete! Beim ersten Mal hatte ich einen zu dünnen Schlafsack dabei – es war nachts recht kalt! Die Hütte ist die letzte auf der Safienalp, 2100m ü.M., danach geht es zum Walsertal runter. Es gibt keine Wanderwege, keine weiteren Gebäude. Nur einen Hof mit Milchkühen einen schönen Spaziergang bergab – von dort holen wir die beste frische Milch! Simon Walter, der Hirt, ist so nett und hat mein Besuch bereits zum dritten Mal diesen Sommer ausgehalten. Manchmal kommt seine Freundin Nadja auf Besuch. Überhaupt bin ich sehr dankbar, dass ich dort sein darf.

Wie muss man sich das vorstellen?

Mit dem Auto kann ich zur Ende der Strasse fahren – das ist bei Talkirch. Dann kommt Simon mit seinem alten Auto den Berg runter und holt mich ab. Die prekäre Strasse wurde von polnischen Gefangenen nach dem 2ten Welt Krieg gebaut. Wir fahren im Schritttempo zur Hütte.

Warum kann ich nicht hochwandern?

Wie ich alles Mögliche dabei habe: Staffelei, Farben – Acryl und Öl, Mappe mit Papier und Leinwand, Pinsel, Beistelltisch, Wanderschuhe, etwas an essen…

Wie sieht der Tag aus?

Wir stehen meistens um 7 Uhr auf, dann wird gemeinsam Gefrühstückt. Simon nimmt dann sein Rucksack, Gewehr und geht zu den Kühen. Die sind meistens nicht mehr bei der Hütte, sondern bereits höher auf der Alp. Es kommt auf das Wetter drauf an und wann ich im Sommer dort bin an.

Um 8.30 Uhr sitze ich vor der Hütte und male mal die ersten kleinen Bilder – das Licht ist ganz anders in der Früh als am Abend. Nach dieser Auseinandersetzung im Kleinen gibt’s eine kurze Kaffeepause (Nescafe) und dann mache ich mich an ein gemaltes Bild. Ich stelle die Staffelei auf und fange an. Um Eins gibt’s ein einfaches Mittagessen. Danach male ich weiter. Und gegen Abend bin ich wieder im Kleinen unterwegs. Manchmal male ich in der Hütte – wie Nadja Capuns macht oder der Blick aus dem Fenster abends – dann mit Taschenlampe weil ich fast nichts mehr sehe. Meistens höre ich um 20.30 Uhr auf zu malen. Noch etwas lesen, und dann ins Bett.

Damit ich noch etwas Kontakt mit der Außenwelt habe, höre ich Radio. Mit der Boombox und dem Handy habe ich auf der Alp Empfang. Letzten Sommer hat mir meine Australische Freundin Jodi Links zu Podcasts eines Australischen Radiosenders geschickt. Also ich stehe auf einer Alp, um mich herum die pure Natur, in der Schweiz, und höre zum Beispiel „Ruth Rendell interviewed by Margaret Throsby“ mit Ruth Rendells klassischen Musik Wünsche. Ich kann nur klassische Musik hören beim Malen. Pop lenkt zu sehr ab und ist schwerer auszublenden wenn ich voll im Bild bin.

Das Bergmalen ist für mich ein Abtauchen in die Malerei ohne Unterbruche von der Außenwelt. Ich kann meine Sinne voll und ganz auf das Panorama richten und meine Reaktion dazu in der Malerei. Ich könnte natürlich den ganzen Tag an der Sonne sitzen und ein spannendes Buch lesen. Aber mir ist bewusst, welche Ehre es ist, dies tun zu können und dort sein zu können, so das ich es voll ausschöpfen möchte.

Nach Tag 2 kommt gewöhnlich der Hänger. Der Ausblick ist immer noch der Gleiche. Ich weiche nicht viele Meter vom Haus weg, meine Malsachen sind zu schwer um sie auf unebenes Gelände herum zu tragen. Was mache ich jetzt?

Dann passiert wieder etwas und ich denke, wow, das habe ich noch nicht erforscht. Letztes Jahr habe ich mit dem Horizont gespielt, dieses Jahr mit den Wolkenbildern. Und ich bin wieder am Malen. Die Möglichkeiten sind schier unendlich. Wie die Kunst. Und die Kunst muss mehr zeigen als was ist, sonst ist sie nur Nachschaffend. Sie muss das das Mögliche zeigen, die Natur steigern zu was sie sein Könnte. Eine neue Welt erschaffen mit Farbe, Form und Bewegung. Das versuche ich stets. Es ist eine Herausforderung die mir viel Freude bereitet.

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