Zanele Muholi — Fotografie als Selbstermächtigung

Zanele Muholi · Bester I, Mayotte, 2015, Silbergelatineabzug, Courtesy Muholi Art Institute

Zanele Muholi · Bester I, Mayotte, 2015, Silbergelatineabzug, Courtesy Muholi Art Institute

Besprechung

In einem Township geboren, ist Zanele Muholi heute eine international beachtete Fotokünstler:in. Den Ruhm teilt sie mit ihren Modellen, die sie als Mitstreiter:innen begreift. So eröffnete sie in Luzern ihre erste Schweizer Soloschau gemeinsam mit zwei prominenten Transpersonen aus ihrer LGBTQIA+-Community.

Zanele Muholi — Fotografie als Selbstermächtigung

Luzern — Wer als Teil der weissen Mehrheitsgesellschaft in einer europäischen Demokratie aufgewachsen ist, wird sich kaum vorstellen können, wie es war, als Person of Colour in einem totalitären Apartheid-Staat wie dem früheren Südafrika unterdrückt worden zu sein. Die Schwarz-Weiss-Fotografien von Zanele Muholi (*1972, Durban) im Kunstmuseum Luzern reflektieren die anhaltende Last dieser Vergangenheit anhand von Porträts Schwarzer Menschen. Nicht irgendwelcher Menschen, sondern einer Gruppe, die auch in der heutigen Republik Südafrika als Minderheit stigmatisiert wird: die LGBTQIA+-Community, zu der auch Muholi gehört. Als queere Aktivist:in und Fotograf:in hat sie sich einen internationalen Ruf erarbeitet. Neben dem grossen Konvolut dokumentarischer Aufnahmen aus ihrer Community sind es die inszenierten, überaus kunstvoll stilisierten Selbstporträts, die sich nachhaltig einprägen. Auch sie tragen eine politische Botschaft.
Unter dem Titel ‹Somnyama Ngonyama› (Gepriesen sei die dunkle Löwin) inszeniert sich Zanele Muholi seit 2012 selbst vor der Kamera und spielt in ästhetisch perfekt gestalteten Bildern subversiv auf Diskriminierungen an. Dafür bemüht sie oft von Weissen geprägte Klischees und wendet sie bildsprachlich in ihr Gegenteil. Sie schwärzt Gesicht und Körper so lange mittels Photoshop nach, bis eine maximale Dunkelheit erreicht ist, und hellt ihre Augen ebenso künstlich auf. Durch entsprechende Kleidung, die, oft mit einfachsten Mitteln kreiert, auf historische Kostüme anspielt, lässt Muholi Kunstfiguren entstehen, wie man sie aus dem Unterhaltungsformat der US-amerikanischen «Minstrel Shows» des 18. und 19. Jahrhunderts und auch aus Filmen des frühen 20. Jahrhunderts noch kennt. Dort malten sich weisse Schauspieler das Gesicht schwarz an, um Schwarze Stereotypen darzustellen, die das weisse Publikum belustigen sollten – auf Kosten der entmündigten Schwarzen, die durchwegs als naive, faule, dumme Sklaven gebrandmarkt wurden. Muholi führt also das Weissen vorbehaltene, sogenannte Blackfacing ad absurdum, indem sie es als Person of Colour an sich selbst re-inszeniert. Die Rollen, in die sie schlüpft, zeugen von einem reflektierten Selbstverständnis, das Ohnmacht in Macht umzumünzen vermag. Muholi zeigt Akteur:innen, die genau wissen, was sie tun und warum sie es tun. Personen in selbstbewussten Körperhaltungen, voller Stolz und Schönheit. Subjekte, die zurückschauen und ihr Publikum selbstbewusst in den Blick nehmen. Nicht jede:r hält diesem Blick lange stand … 

Until 
22.10.2023
Exhibitions/Newsticker Date Type City Country
Zanele Muholi 08.07.2023 to 22.10.2023 Exhibition Luzern
Schweiz
CH
Author(s)
Mechthild Heuser
Artist(s)
Zanélé Muholi

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