Sylvie Blocher

Sylvie Blocher · S'inventer autrement, 2015, Ausstellungsansicht Mudam Luxembourg. Foto: Rémi Villaggi

Sylvie Blocher · S'inventer autrement, 2015, Ausstellungsansicht Mudam Luxembourg. Foto: Rémi Villaggi

Sylvie Blocher · Speeches, 2009-2012, Video­installtion mit 5 synchronisierten HD-Videoprojektionen, Farbe, Ton, Produktion Biennale Lyon 2009 und Liverpool Biennial 2012, Sammlung Mudam Luxembourg. Foto: Rémi Villaggi

Sylvie Blocher · Speeches, 2009-2012, Video­installtion mit 5 synchronisierten HD-Videoprojektionen, Farbe, Ton, Produktion Biennale Lyon 2009 und Liverpool Biennial 2012, Sammlung Mudam Luxembourg. Foto: Rémi Villaggi

Hinweis

Sylvie Blocher

Mit «Je est un autre» spitzte Arthur Rimbaud am 15. Mai 1871 zu, was die Moderne anstiess: die Krise des Ich. Dass dieses sich unter der symbolischen Ordnung, dem Blick des anderen konstituiert, wurde seither breit diskutiert, der Subjektbegriff immer flüssiger. Festlegungen auf Geschlecht, Rasse, sozialen Status schmolzen mit. Heute ist klar: Der Mensch ist, auch im eigenen Körper, «ausser sich». Wie kann er sich von dort aus erfinden? Und wie anders? Sylvie Blocher stellt diese Frage in ihrem Videowerk seit den Neunzigern. Sie findet beeindruckende ästhetische Antworten. Zunächst in Gestalt eines Spektakels. Während der ersten Wochen ihrer aktuellen Ausstellung ‹S'inventer autrement› empfing ein Filmstudio in der Eingangshalle. Architekt Ieoh Ming Pei hat sie grandios, mit bis zu zwölf Metern Deckenhöhe gebaut. Statt einer Videoleinwand, wie zuletzt 2010, liess Blocher ein Gerüst aufbauen. Aufgehängt wie Marionetten wurden Besucher/innen hier in die Höhe gezogen, konnten «die Welt neu denken», so Blocher. Der Titel: ‹Dreams Have a Language›. Schon Ludwig Binswanger erkannte in ‹Traum und Existenz› im Traum vom Fallen nicht Nachbearbeitung, sondern Einrichtung von Realität. Fallen und Schweben richten das Sein in der Welt. Blocher liess jede/n Besucher/in eine Idee zur Weltveränderung vor der Kamera vortragen. Der Film erscheint 2015. Bis dahin kann das nun eher passive Publikum rund zehn Videoinstallationen im Erdgeschoss des Museums ansehen. Hier ging es um Fragen der Verantwortung, der Identität, des Geschlechts. Ergänzt wurden diese Arbeiten durch die ‹Speeches› aus der Sammlung des Mudam. Zwischen 2009 und 2012 liess Blocher Personen Reden von Denkern wie Édouard Glissant oder Politikern wie Barack Obama vor poppigen Tapeten vorsingen. Die Aneignung nutzt politisches Pathos, gibt neu zu denken auf. Blocher ist engagiert. Überzeugen oder überreden will sie nicht. Anhaltspunkte fürs Andersdenken bietet das Video ‹Alamo›, 2014: Latinos, Schwarze und Indianer erzählen ihre Version der US-Gründunglegende um das 1836 belagerte Fort Alamo. Wie in Akira Kurosawas Film ‹Rashomon› von 1950 wird vorgeführt, wie Geschichten Menschen anders erfinden. Foucault sah das historische Konstrukt «der Mensch» wie ein Gesicht am Meeresstrand verschwinden - vielleicht ist er schon aufgehoben: im Auge der Videokamera.

Until 
24.05.2015
Exhibitions/Newsticker Date Type City Country
Sylvie Blocher 08.11.2014 to 25.05.2015 Exhibition Luxembourg
Luxemburg
LU

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