«I promise it''s political - Performativität in der Kunst» im Museum Ludwig

Carsten Höller · Flugapparat, 1996, Installation; © VG-Bild-Kunst, Bonn 2002, Courtesy Schipper&Krome

Carsten Höller · Flugapparat, 1996, Installation; © VG-Bild-Kunst, Bonn 2002, Courtesy Schipper&Krome

Besprechung

«I promise it’s political?» zeigt Künstler und Künstlerinnen aus den sechziger Jahren bis in die Gegenwart, die Kunst als ein «performatives, also situatives und daher aufführungsähnliches Geschehen betrachten», schreibt Dorothea von Hantelmann, die mit Marjorie Joengbloed die Ausstellung eingerichtet hat.

«I promise it''s political - Performativität in der Kunst» im Museum Ludwig

Zu Beginn wird man verwandelt – aus dem zurückgelehnten Gegenüber in ein schwebendes Vorbei: Die Sitzbänke von Jeppe Hein stehen einladend vor goldgerahmten Ölbildern, Kopien nach Boucher und Watteau. Wer davor Platz nimmt, rutscht mitten in die Ausstellung, denn einer dieser unsichtbaren Mechanismen setzt das robust wirkende, buntgepolsterte Spanplattending in Bewegung und seitlich durchquert man die fast leer geräumte Halle.

Laut den Kuratorinnen geht es nicht ums politische Tagesgeschehen – eher um den An-spruch einer Reflexion über das gegenseitige Konstituieren einer Betrachtersituation zwischen Kunstwerk und Besucher im Rahmen der üblichen Orte (Ausstellungshalle, Museum, Theater, Konzertsaal?). Die Frage nach ver-festigten Zusammenhängen provozierte im Museum Ludwig eine ausserordentlich mobile Ausstellung. Die Performance von Tino Sehgal beispielsweise; der in Berlin lebende Brite hat die Museumswächter instruiert, bei geeignetem Blickkontakt eine Hampelmann-Gymnastikübung aufzuführen und danach in neutralem Ton den Titel, Künstler, Entstehungsjahr und Besitzverhältnis so akkurat zu nennen, wie die üblichen Verweise auf den Museumsschildchen es vorgeben. Veränderlich auch die Perspektive, die Carsten Höller mit dem vor sechs Jahren für den Kölnischen Kunstverein erfundenen «Flugapparat» installiert: Eingespannt in eine Sicherheitsweste hängen die Besucher an einer Mischung aus Führring und Kettenkarussell und kreisen unter der Decke. Stillstand als Statement vor einem Radio von Roman Ondak – eingestreut in eine slowenisch-internationale Sendung für deutsche Zuhörer ist die Aufforderung, innezuhalten «als ein Zeichen ihrer Solidarität mit den jüngsten Ereignissen in der Welt». Der Niederländer Jens Haaning zielt in einem leer geräumten Saal mit der museumsüblichen Überwachungskamera auf die Besucher: Die Bilder werden in eine Klinik für Psychatrie und Psychotherapie übertragen.

Die klare und ruhige Ausstellung kommt zuweilen ganz zum reflexiven Halt: Die
Spiegelkuben von Robert Morris «Untitled (Mirrored Cubes)», 1965, kniehoch direkt auf dem Boden im Viereck aufgebaut, spiegeln vor allem sich und nehmen nur so viel Umgebung auf, dass sie von Ferne fast darin aufgehen – die reflektierenden Flächen bleiben dabei unter sich, fast unmöglich, in der engen Perspektive wenigstens die eigenen Fussspitzen zu erkennen. Voranschreitend autistisch auch Victor Burgins «Any Moment», gleichfalls schon über dreissig Jahre alt, ist eher ein Text auf einer Wand, gegliedert in vierzehn anleitende Anweisungen. Ist das ein Test? – nicht zu bestehen. Erst soll man sich ganz konzentriert einen Moment in der Vergangenheit vergegenwärtigen, dann das Präsens erinnern. Den Raum mitdenken. Objekte und Subjekte in Relation setzen. Immer komplexer die Aufgaben, immer konfuser verhakeln sich die Perspektiven in Zeit und Raum: Unlösbar.
Bis 8.9.

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