Mark Dion & Galerie für Landschaftskunst
Mit der «Biologischen Forschungsstation Alster» fragen Mark Dion und die Hamburger Galerie für Landschaftskunst gemeinsam mit Naturwissenschaftlern, Künstlern und Publikum nach «neuen und alten Vorstellungen von Natur in der Stadt».
Mark Dion & Galerie für Landschaftskunst
Mit dem Ansatz beim Lokalen und Konkreten zielt das Projekt zugleich aufs Exemplarische: Die Alster, im Norden ein scheinbares Naturidyll, grenzt bald an grossbürgerliche Gärten, speist dann zwei ausgedehnte Binnenseen im Zentrum der Hansestadt, um danach in Kanälen (so genannten Fleeten) durch Büro- und Geschäftsviertel zu fliessen und schliesslich in die Elbe zu münden: Ein Terrain, das in dichter Folge ganz unterschiedliche Landschaftsräume und damit verschiedene Begriffe und Nutzungskonzepte von Natur aufweist.
Herzstück und Basis des Projekts ist eine Schute, ein Hamburg-typischer, motorloser Lastkahn, der die Forschungsstation beherbergt. Der New Yorker Künstler Mark Dion hat darauf eine Holzhütte errichtet und diese mit einem gewässerökologischen Labor und einer naturkundlichen Sammlung ausgestattet. Die Schute, einerseits eine eigenständige Arbeit Dions, ist zugleich Basis für zahlreiche Veranstaltungen, wie Erkundungstouren, Zeichenkurse, Vorträge, Diskussionen und Ausstellungen oder gar Tauchgänge mit Unterwasserkamera. Mit ästhetischem Instrumentarium wird die Alster als ein Forschungsfeld erschlossen, um darin städtische Naturkonzepte einem kritisch-analytischen Blick, aber auch dem unmittelbar-sinnlichen Hinschauen zu unterziehen.
Mit Hingabe und akribisch bis ins Detail hat Dion eine wahre Wunderkammer aus Fundstücken, Naturpräparaten, Schautafeln, Büchern, allerlei Laborutensilien und Anglergerätschaften zusammengestellt. Einerseits ein funktionaler Forscher-Arbeitsplatz, ist die Schute aber auch ein präzise kalkuliertes «begehbares Bild», dessen Faszination eine ästhetische Distanznahme birgt. In vielem lässt dieses Studio eher an den Hobby-Forscher oder Kuriositätensammler denken, statt etwa mit zeitgemässer Laborästhetik aufzuwarten. Dieser Abstand lässt den inszenierten Blick auf Natur auch als Fiktion erleben und deutet exemplarisch Naturaneignung insgesamt als ein ästhetisches Konstrukt. Hier ist Dions Kunst ironisch-humorvolles Ferment in der noch stets illusionären Hoffnung auf eine naturgegebene Einsicht in die Ordnung der Dinge. Und doch scheint das Setting bis ins Detail versessen auf sinnliche Erfahrung, Anschauung, Experiment und ist damit auch als Plädoyer für unmittelbare Naturwahrnehmung lesbar. «Wie sehen Wissenschaftler auf Natur, und welche anderen Perspektiven könnte es geben?», fragen die Veranstalter. Hier öffnet Dions Arbeit den Blick und könnte, nicht zuletzt über die Verknüpfung des ästhetischen Werks mit wissenschaftlich-praktischen Aspekten, zu mehr als einem fiktiven Experiment werden – in Bezug auf die Natur und in Bezug auf die Kunst.
Bis 30.9.
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