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Act Performance-Festival — v2.0

Schweiz — Seit über 15 Jahren findet jeweils im Frühling das von den Schweizer Kunsthochschulen veranstaltete Performancefestival ACT statt. Infolge der Corona-Krise haben die Organistor*innen mehrere Online-Formate entwickelt, die von Mitte April bis Mitte Mai zu sehen sind. So findet immer sonntags ab 19 Uhr das sogenannte ‹Chatroulette› statt, das vom Gruppen-Chat über den VIP-Room bis hin zur spontanen ‹Laptop-Kamera-Performance› unterschiedliche Austauschmöglichkeiten bietet. Darüber hinaus werden täglich Performances für die Kamera präsentiert, darunter auch konzeptuelle Arbeiten in Form von Handlungsanweisungen, die die Zuschauer*innen selbst ausführen können. Bei anderen Formaten liegt das Ausmass der Teilhabe mal in den Händen der Performenden, mal in jenen des Publikums: Beim Live-Stream über die Plattform Vimeo bleiben die Betrachter*innen aussen vor – ähnlich wie beim klassischen Format der Performance für die Kamera. Wird die Performance über Zoom veröffentlicht, hat das Publikum die Wahl, sichtbar im Meeting-Fenster zu erscheinen oder die Performance anonym über einen Web-Link zu betrachten. Um das Festival zu verfolgen, muss man sich eigentlich nur jeden Tag den Wecker auf 19 Uhr stellen – schon ist man dabei! 

Natürlich kann man einwenden, dass Performance für die Kamera keine Erfindung der Internet-Gesellschaft ist. Oder dass für heutige, global agierende Performance-Communities «online» kein Fremdwort ist. Es zeugt aber von rascher Entschlusskraft und einem starken Kooperationswillen, dass die inhaltlichen und technischen Bedürfnisse der über 50 Performer*innen von ACT ernst genommen wurden und das Festival über eine kollektive Plattform zugänglich gemacht wird. Dabei ist es interessant zu sehen, wie junge Künstler*innen mit den Möglichkeiten und Grenzen von Online-Performances umgehen, wie sie sich die digitale Technologie zu eigen machen, wie sie die Distanz und die glatte Rezeptionsoberfläche des Bildschirms handhaben, wie sie den technologischen Apparatus im Verhältnis zu Körper, Raum und Atmosphäre begreifen. Knapp zur Halbzeit des Festivals lässt sich festhalten, dass Sehen und Gesehen werden, Beobachtung und Überwachung, Anonymität und offensives Zur-Schau-Stellen als inhaltliche Aspekte dominieren.

Es wird auf jeden Fall spannend zu verfolgen, ob und in wieweit die Lockdown-bedingte Situation auf die zukünftige Arbeiten dieser Künstler*innen Einfluss hat – und welche neuen Formate oder Ausprägungen sich daraus entwickeln werden.

® täglich ab 19 Uhr, bis 15.5.
https://act-perform.net/

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