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Kunst-Podcasts I — Wie Institutionen im Gespräch bleiben

International — Wer etwas über Kunst hören möchte, muss spätestens seit der Pandemie nicht mehr lange suchen. Museen und Galerien, kritische Stimmen und begeisterte Laien stellen vielfältige Podcasts zum aktuellen Kunstgeschehen ins Netz. Als der Trend zum Podcast vor 15 Jahren gemächlich anrollte, konstatierte das Kunstbulletin, dass das Angebot zur zeitgenössischen Kunst noch begrenzt sei. Mittlerweile stellt sich vielmehr die Frage: Wo lohnt es sich reinzuhören?

Im Feld der Podcast-Formate aus der Schweiz vorne mit dabei ist seit letztem Herbst das Kunstmuseum Basel: In den ‹Momentaufnahmen› befragte die Kunstvermittlerin Aïcha Revellat fünf lokale Künstlerinnen und Künstler zu ihren «post-fotografischen» Praktiken. Die Journalistin Amina Aziz beleuchtete in einer Hintergrundserie die Ausstellung ‹Rembrandts Orient› aus postkolonialistischer Perspektive. Beide Reihen gehen von vergangenen Ausstellungen aus – doch bieten sie auch im Nachhinein und ohne Besuch vor Ort einen Mehrwert.

Einem Künstler – der im Gegensatz zu Rembrandt tatsächlich weit herumgekommen ist – kann man in ‹Mapping Klee› nach Italien, Paris, Tunesien, Südfrankreich oder Ägypten folgen. Der Podcast zur gleichnamigen Ausstellung im Zentrum Paul Klee trägt Spuren wie Briefe, Tagebucheinträge und biografische Fakten zusammen und rekonstruiert so auch einige historische Einblicke in die Metropolen und den Tourismus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. 

Einen Bogen von der Pietà zu Andy Warhol und zu vielen weiteren ‹erschöpften Männern› spannen die Kuratoren Juri Steiner und Stefan Zweifel als Ergänzung zu ihrer Ausstellung im Landesmuseum. Feministische Perspektiven bietet die Podcast-Reihe vom Institut Kunst ‹Promise No Promises!›, entstanden in Zusammenarbeit mit dem Instituto Susch. Wortwörtlich in den eigenen vier Wänden abtauchen lässt zudem ‹Corona under the Ocean› (beide auf Englisch). Das Bernische Historische Museum wiederum lädt zur gemütlichen ‹Gaffeepouse› auf Mundart und streift dabei auch kunstbezogene Themen wie die ‹gemalte Pandemie›.

Ein Klick über die Landesgrenzen hinaus bietet Zugang zu weiteren thematischen Diskussionen, etwa über virtuelle Überwachung, um nur ein aktuelles Beispiel im breiten Podcast-Angebot der Schirn Kunsthalle zu nennen. Das Düsseldorfer K21 und das Centre Pompidou in Paris besprechen ausgehend von ihrer Überblicksausschau zu Hito Steyerl Fragen der ‹Digitalität, KI und Virtual Reality›, des ‹Rassismus und Antisemitismus als Thema in der Kunst› und zum ‹Museum als Institution›. Ebenfalls hörenswerte ‹Kunstgedanken› über die gesellschaftliche Rolle von Kunst und Kultur teilen von der Kunsthalle Karlsruhe geladene Gäste. Die Berlinische Galerie spricht mit Berliner Kunstakteuren mit verschiedenen Schwerpunkten – in den jüngsten Folgen zu Provenienzforschung und Trans*feminismus.

Freundinnen und Freunde fiktiver und experimenteller Formate seien Erzählungen ausgehend von Werken im Kunsthistorischen Museum Wien sowie der Van-Gogh-Krimi des Städel Museums empfohlen. Und im ‹Städel Mixtape› geht Musikjournalist Till Kober den Verbindungen von Kunst und Musik nach.

Hinter die Kulissen einer grossen Institution lässt das Museum Ludwig blicken. Das Museum Folkwang buchstabiert grundlegende kunstwissenschaftliche Problematiken wie Materialität, Queerness oder Künstlerbiografien anhand der eigenen Sammlung aus. Oft sehr persönliche Einblicke hinter die Fassaden der Kunstwelt gewährt der Galerist Johann König in ‹Was mit Kunst› mit jeweils einem Gast, darunter Eva Presenhuber, Hans Ulrich Obrist und Isabelle Graw. In einem weiteren People/Talk-Format vonseiten des Kunstmarktes – ‹Die Sucht zu sehen› vom Auktionshaus Grisebach – bietet die Kulturredakteurin Rebecca Casati unter anderem Julia Voss, Deborah Feldman, Hubertus Butin oder Franziska Nori auf.

Vergleichbare Konstellationen erweisen sich auch auf Englisch als beliebt: Bei David Zwirner treffen pro Episode zwei Kunst- oder Kreativschaffende aufeinander, die beispielsweise in der jüngsten Folge den Zusammenhang vom Bauhaus zum iPhone spinnen. Für die grossen internationalen Museen gehören online verfügbare Audio-Formate inzwischen selbstverständlich zum Vermittlungsprogramm – so etwa bei der Tate, dem SFMOMA mit einem Programm für «podcasters-in-residence» oder beim Getty mit aufwändigen Reihen wie ‹Radical Women›. Regelmässig neue Inhalte für Kunstmarktinteressierte bieten ‹ArtTactic›, ‹Artelligence› und ‹In Other Words›.

Author

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Irène Unholz