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Werkschau Kanton Zürich 2022 — Nina Emge

Wie eine grüne Wand rauscht eine Haselstaude vor der offenen Fensterfront von Nina Emges temporären Ateliers und vermischt sich mit Free Mind der Sängerin Tems, dem Sound aus ihrem Laptop. Er liegt auf einem grossen Stehtisch in der Mitte des kleinen Raums – neben Skizzenbüchern, selbstgemachten Glasperlen, kleinen Keramikproben und Büchern. Musiklexika, Kataloge, Publikationen zu Sound und Aktivismus sind in einem klaren Raster ausgelegt. Da sich die Arbeit, die sie an der Werkschau im Haus Konstruktiv als Installation zeigen wird, gerade zur Finalisierung in den Werkstätten befinden, nutzt sie die Zeit für ihre Recherchearbeit. Wir sprechen über Musik und Aktivismus, über Personen und Bücher, die sie inspirieren.

In Nina Emges künstlerischem Schaffen steht folgende Frage im Zentrum: «Wie hören wir einander eigentlich zu?» Sie untersucht dabei die Schnittstellen zwischen dem musikalischen, dem sozialen und dem politischen Zuhören. Diese Fragen dienen ihr als nährreicher Boden für ihre skulpturale Praxis, da sie Hypothesen und Narrative mithilfe von Objekten aufbauen und erproben kann. Ihre Installationen bestehen aus Objekten, die sich zwischen Instrument und Skulptur ansiedeln lassen – oftmals können diese auch von Performer:innen gespielt werden. Die Arbeiten entstehen prozesshaft und verstehen sich als stete Weiterentwicklungen. Für diese Arbeitsprozesse spielt Zeichnung eine bedeutende Rolle: Sie dient als Mediation zwischen metaphorischen, symbolischen und auditiven Räumen.

Nina Emge bedient sich Materialien wie Metall, Glas oder Keramik und hat in den letzten Jahren eine für sie typische organische Formensprache entwickelt. Ihre Skulpturen stellen Gesten dar, die auf Absenz aufmerksam machen. Vor allem auf die Non-Präsenz von Körpern und dabei spezifisch auf die Frage nach der Absenz marginalisierter Körper. Ein wichtiger Teil ihrer künstlerischen Praxis ist auch das kollaborative Arbeiten. Sie ist unter anderem Teil der Transnation Soundinitiative, die sich mit verschiedenen Zugängen zu Sound beschäftigt.

Für ihre neuste Arbeit knüpft sie an eine bereits existierende Werkgruppe an. Dazu gehören Skulpturen wie auch Texte, die von Besucher:innen gelesen werden können. Ihnen wird ein auditiver Vorschlag gemacht, ohne dass dieser aktiv hörbar ist, und sie werden dazu aufgerufen, sich mit der Absenz der Resonanz zu konfrontieren: Welche Körper dürfen in diesem Raum mitschwingen, welchen Körpern wird zugehört? Mit ihren Arbeiten will Nina Emge soziale Räume über eine Form von Klang öffnen – auch wenn dieser nur imaginiert ist. 

Gianna Rovere ist freischaffende Autorin, Kuratorin und Kulturjournalistin in Zürich und Luzern.

Artist(s)

Details Name Portrait
Nina Emge

Author

Details Name Portrait
Gianna Rovere