Andrea Muheim — Gemaltes Tagebuch
Sehr persönlich, auf einen engen Umkreis beschränkt – Andrea Muheims Malerei scheint zunächst nicht weltbewegend. Doch das Alltägliche und Zwischenmenschliche in den Stand der Malerei zu heben, birgt eine emanzipatorische Geste, die neu definiert, was bedeutungsvoll genug ist, um festgehalten zu werden.
Andrea Muheim — Gemaltes Tagebuch
Basel — ‹Malerei als Selbstgespräch›: Der Titel der Einzelausstellung von Andrea Muheim (*1968, Zürich) in der Villa Renata ist inspiriert von einer Aussage des Künstlers Lucian Freud, in dem dieser seine Malerei als «rein autobiografisch» bezeichnet, als Nachdenken über persönliche Beziehungen zu anderen Menschen, aber auch zur Gesellschaft und zu sich selbst. Im Fall von Andrea Muheim bedeutet das zudem: Malerei als Festhalten von Momentaufnahmen, Stimmungen und alltäglichen Szenen. Muheims Bilder wirken oft wie Schnappschüsse, wie ein Tagebuch, ab und an auch wie Bilder aus einem Fotoalbum. Doch anstatt nur auf den Auslöser zu drücken und die Fotografien auszustellen, malt Muheim die von ihr ausgewählten Szenen, ein Prozess, in dem sich die emotionale Verbundenheit zu den porträtierten Personen spiegelt wie auch die Wertschätzung des Moments.
‹So wie ich bin› – ein 34 x 25 cm kleines Ölgemälde von 2018 zeigt wie viele andere Bilder in der Ausstellung die Künstlerin selbst. Ihr Gesichtsausdruck wirkt konzentriert, etwas abwesend, als ob sie auf einen Bildschirm schauen oder Zeitung lesen würde. Sie sitzt vermutlich in ihrem Atelier oder ihrer Wohnung, am Tisch im Wohnzimmer oder in der Küche, im Hintergrund ist ein Fenster mit dem Blick auf eine Stadt zu sehen. Eine alltägliche Szene, frei von Selbstinszenierung und Publikum. Dass zu Muheims Verständnis von «Selbstporträt» aber auch allerlei andere Personen gehören, macht die Petersburger Hängung deutlich, in die das Bild eingebettet ist, wie auch die weiteren Bilder der Ausstellung: Für sie bedeutsame Räume und Plätze, Freund:innen, Partner und immer wieder ihr Sohn umgeben sie und werden so zu einem Teil von ihr und ihrem Blick auf die Welt. Zu sehen sind Urlaubserinnerungen aus verschiedenen Ländern, verstiebte Schneelandschaften und verregnete Strassen, ein ganzer Saal mit Bildern des schlafenden Sohnes, Bilder von «Ernesto», «Chips», «Olga», «John», «Ana», «Lydia» und weiteren der Künstlerin vertrauten, uns aber fremd bleibenden Personen. Neben viel Malerei gibt es in der Ausstellung auch kleine Skulpturen, die ebenfalls Menschen darstellen und sehr abstrakt gehalten sind. Wie Muheims gemalte Figuren wirken sie seltsam abwesend und doch irgendwie nah – wie die etwas wolkenhafte Erinnerung an eine Person versus die kalte Präzision einer detailgetreuen Fotografie.
Institutionen | Pays | Ville |
---|---|---|
Villa Renata | Suisse | Basel |
expositions/newsticker | Date | Type | Ville | Pays | |
---|---|---|---|---|---|
Malerei als Selbstgespräch — Andrea Muheim | 18.09.2022 - 16.10.2022 | exposition | Basel |
Schweiz CH |
Andrea Muheim |
Martina Venanzoni |