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Wir leben im Jahrzehnt der digitalen Selbstdarstellung. Auf Facebook, Instagram und Twitter inszenieren wir uns als witzig, interessant, gutaussehend. Die Möglichkeiten zum Spiel mit Identitäten im Netz haben dabei nicht, wie in den Neunzigern erhofft, zur Auflösung von tradierten Geschlechterrollen, Schönheitsidealen und Machtstrukturen geführt, im Gegenteil. Wer Amalia Ulman letzten Sommer auf Instagram oder Facebook folgte, fand denn auch Selfies einer konventionell hübschen jungen Frau, sorgfältig gestylt, oft in gediegenen Hotelzimmern oder im Spa, dazwischen durcharrangierte Brunch-Fotos oder banale Lebensweisheiten. Die vorherrschenden Farben sind Beige und Weiss, geschmackvoll ohne jegliche Originalität, Insignien einer privilegierten Klasse. Mit Bildern und wenigen Worten entwickelte sich über drei Monate die Geschichte einer jungen Frau, die aus der Provinz in die Stadt kommt, Höhen und Tiefen erlebt und sich auch körperlich verändert, u.a. mit einer Brustoperation. Das Ganze war eine minutiös geplante Performance der 1989 geborenen argentinischen Künstlerin. Ulman hatte im Vorfeld populäre Instagram-Accounts analysiert und hat sich für Fotos in teure Hotels geschlichen, viel Make-up, Photoshop, Push-up-BHs und gefundene Operationsfotos verwendet. Es wurde eines der meistdiskutierten Netzkunst-Projekte der letzten Jahre, und der Instagram-Account hatte am Schluss Zehntausende Follower (einige davon falsche, ohne Ulmans Einverständnis vom Künstler Constant Dullaart gekauft). Irritierend war die Performance, weil die Durchführung perfekt inszenierte Schein-Authentizität war, wie wir sie etwa von den Social-Media-Auftritten von Stars kennen. Ausserdem begann sie nahtlos aus der bisherigen Instagram-Präsenz der Künstlerin. Bekannte oder Leute aus der Kunstwelt reagierten perplex ob der vermeintlichen Veränderung oder warfen ihr schlicht Gefallsucht vor. Andere waren ganz einfach Fan oder fanden Ulmans Alter Ego «hot!!» - ob sie ahnten, dass es ein Kunstwerk ist, oder nicht. Die Künstlerin selbst versteht ihre Arbeit durchaus explizit als Kritik an den Stereotypen, die sie durchdekliniert. Ein Auslöser und Grund, den eigenen Namen zu verwenden, war auch die Verweigerung, das Spiel der Online-Selbstvermarktung als Künstlerin zu spielen. Die Ironie an der Sache ist, dass ihr gerade mit ‹Excellences & Perfections› in dieser Hinsicht ein Coup gelungen ist, von dem andere junge KünstlerInnen nur träumen.

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Type d'œuvre d'art
Digital Art
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Details Name Portrait
Amalia Ulman