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Gruppenausstellung zum 100-Jahr-Jubiläum des Landesstreiks feat. Historisches Museum Olten & Verein Archiv Olten

«Das Leben ist kein Ponyhof!» nimmt den 100. Jahrestag des Schweizerischen Landesstreiks, der vom «Oltner Aktionskomitee» organisiert und koordiniert wurde, zum Anlass für ein Ausstellungsprojekt, das sich mit der Arbeit und dem Arbeiten auseinandersetzt. Unter dem bezeichnenden Titel präsentieren wir Werke von Kunstschaffenden, welche die Bedeutungen, Gesetzmässigkeiten und Rahmenbedingungen dieses zentralen Bereichs unseres Lebens thematisieren und hinterfragen.
Was haben Kunst und Arbeit gemeinsam? Viel, würde man meinen - ist das kreative Schaffen doch mit harter Arbeit verbunden, die neben geistiger Leistung und viel Durchhaltewillen auch eine Menge an psychischer und körperlicher Kraft erfordert. Und doch weisen die beiden Themenbereiche erstaunlich wenige Berührungspunkte auf, wenn man die Kunstgeschichte Europas seit dem Mittelalter betrachtet. Denn die Arbeit und damit auch die Arbeiterschaft mit ihren gesellschaftlichen Rahmenbedingungen wurden bis in die Neuzeit kaum thematisiert. Die Kunst stand vornehmlich im Dienste der Kirche und des Adels und hatte Bedürfnisse zu befriedigen, die in erster Linie das Schöne, Erhabene und Sublime suchten. Arbeit wurde, wenn überhaupt, als romantisch verklärte Tätigkeit in ländlicher Idylle dargestellt.
Erst im 19. Jahrhundert trat im Zuge der Industrialisierung vermehrt ein Interesse für die Veränderungen zu Tage, die der radikale Wandel von der Agrar- zur Industriegesellschaft in Europa auslöste. So machte etwa Adolph Menzels berühmtes «Eisenwalzwerk» (1875) die brachiale neue Kraft der Maschinen und die Gefahren des Fabrikalltags bildwürdig. In den Ländern des Frühkapitalismus entwickelte sich parallel dazu eine realitätsbezogene Kunst, welche den Alltag der Arbeiterschaft ungeschönter darstellte als zuvor. Künstler wie Jean-François Millet, Honoré Daumier oder Gustave Courbet beschäftigten sich mit der Wirklichkeit jener Bevölkerungsschichten, die vom Wandel wenig profitierten.
In der Schweiz war die bildnerische Auseinandersetzung mit den Folgen der Industrialisierung weit weniger ausgeprägt. Dies hängt u. a. damit zusammen, dass sich unsere Städte nicht so explosionsartig entwickelten, wie dies in Paris, London oder Berlin der Fall war. So sind im Kunstmuseum Olten, in dem ausschliesslich Schweizer Kunst gesammelt wird, kaum Darstellungen von Fabriken oder in der Industrie arbeitenden Menschen zu finden, sondern vornehmlich Bilder von ländlicher Arbeit.
Dies mutet befremdlich an, da Olten eine bemerkenswerte Vergangenheit als Arbeiterstadt hat und mit dem Landesstreik von 1918, der vom «Oltner Aktionskomitee» vorbereitet und koordiniert wurde, sogar in die Geschichte eingegangen ist. Selbst bildliche Zeugen von diesem denkwürdigen Ereignis sucht man in der Museumssammlung vergeblich; mit einer Ausnahme: In einer kleinen Bleistiftskizze hat Max Gubler (1898–1973) eine Momentaufnahme der Novemberunruhen in Zürich-Aussersihl von 1917 festgehalten und damit einen der zahlreichen kleineren Konflikte im Vorfeld des nationalen Streiks dokumentiert. Der zwanzigjährige Künstler lebte damals in Zürich und schuf in diesen Jahren expressionistische Werke mit sozialbezogenen und religiösen Themen.
Künstler, die sich in ihrem Werk wiederholt engagiert mit den Themen der Arbeit und der Arbeitenden auseinandersetzten, sind in unserer Sammlung an einer Hand abzuzählen. Da ist etwa der aus bescheidenen Verhältnissen stammende Berner Emil Zbinden (1908-1991), der auch politisch aktiv war, oder der Basler Rudolf Maeglin (1892-1971), der als Handlanger auf Baustellen und als Hilfsarbeiter in Fabriken der chemischen Industrie seine Bildthemen fand. Oder Mario Comensoli (1922-1993), der wie kaum ein anderer Künstler seiner Generation ein kritisches Bild der zeitge-nössischen Gesellschaft vermittelte.
Heute hat sich die Situation verändert. Nach dem endgültigen Zerfall des traditionellen Wertesystems der bildenden Kunst im 20. Jahrhundert haben sich Künstlerinnen und Künstler längst in alle Lebensbereiche vorgewagt und setzen sich auch mit der Arbeit auf unterschiedlichste Art und Weise auseinander – sei es durch Beschreibungen, Untersuchungen oder in investigativer Art und Weise, wie etwa das Werk «Import/Export» von Roland Roos (*1974), der sich mit den Arbeitsbedingungen in Europa und unserer Wahrnehmung auseinandersetzt.
In diesem Sinne ist auch die Ausstellung «Das Leben ist kein Ponyhof» zu verstehen. Sie nimmt den 100. Jahrestag des Schweizerischen Landesstreiks zum Anlass für ein Projekt, das sich mit den oben diskutierten Fragestellungen auseinandersetzt, indem sie zeitgenössische und für das Projekt neu geschaffene Werke mit Positionen aus der Sammlung des Kunstmuseums Olten kombiniert und mit dem Theaterprojekt «1918.CH», dem Historischen Museum Olten sowie dem Verein Archiv Olten besondere Kooperationen eingeht.
So beleuchtet das Historische Museum, ausgehend vom Landesstreik und seinen Forderungen, mit ausgewählten Objekten den Wandel in der Arbeitswelt und dokumentiert diese Entwicklungen mit Fotografien aus seiner Sammlung, während der Verein Archiv Olten sich mit einer Werkauswahl des Fotografen Leonardo Bezzola am Projekt beteiligt.

Mit: Baltensperger+Siepert, Leonardo Bezzola, Fritz Breiter, Chris Bünter, Mario Comensoli, Copa & Sordes, Joëlle Flumet, Franz Gloor, Max Gubler, Christine und Irene Hohenbüchler, Géraldine Honauer, Maria Iorio / Raphaël Cuomo, Simon Krebs, Rudolf Maeglin, Michael Meier & Christoph Franz, Adela Picón, Delphine Reist, RELAX (chiarenza & hauser & co mit Rita Capaul, Yvonne Good, Silvia Popp, Judith Weidmann, Karin Wiesendanger, Juliette Russbach und Sarah Sandler, in Zusammenarbeit mit der F+F Zürich und der HEAD Genève), Hans-Ruedi Riesen, Frank und Patrik Riklin (Atelier für Sonderaufgaben), Roland Roos, Roland Schneider, Pascal Schwaighofer, Karel Solarik, Bruno Streich, Heini Stucki, Emil Zbinden, Martin Ziegelmüller u. a.

 

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