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Pandemie und wie weiter? — Lara Almarcegui

Fortsetzung der Interview-Serie, die in der Juni-Ausgabe des Kunstbulletin begann und auf Distanz Nähe versuchte zum künstlerischen Prozess, zu persönlichen und professionellen Aussichten auf auf eine mögliche Zukunft. Gemeinsamer Nenner der Stellungnahmen war die Anerkennung eines grundlegenden Wandels im Kunstbetrieb – der auch fällig wäre. Während nach Lockerung der Ausgangsbeschränkungen, allfälligen Urlaubsreisen und der Wiederaufnahme des Betriebes in Frankreich ein zweiter Lockdown droht, zeigen sich die Konsequenzen gewünschter Verdrängung: die Realität bricht ein. Um sie zu gestalten, sind andere Aussichten nötig, die nicht auf ein Danach hoffen, das Jetzt fürchten, sondern mit dem Gegenwärtigen kreativ und engagiert umgehen. Da sie solche bietet, wird die Serie in loser Folge weiter hier veröffentlicht, um zum Nachdenken anzuregen darüber, was wird, mit der Kunst. 

Nachdenken
Sennewald: Du arbeitest viel zu Geschichte und Identität von Orten, speziell ausgehend von deren Materialität. Als wir zusammen an einer Reise nach Beirut teilgenommen haben, erzähltest Du mir von einem sehr frühen Experiment währenddessen Du ein Loch in der Straße vor Deinem Atelier gegraben hast. Wie erlebst Du die aktuelle Situation une inwiefern – falls überhaupt – erzeugt diese Resonanzen in Deiner Arbeit? Wie müsste man diesen Moment verkörpern, um ihn als Geschichte begreifbar zu machen?  
Almarcegui: Ich bevorzuge, statt eines Skype-Interviews, auf Deine Frage schriftlich zu antworten: Zu Beginn der COVID-Krise erhielt ich einige Anfragen für Statements oder Videos, in denen ich mich in Bezug auf diese Krise äußere. Das habe immer abgelehnt mit der Begründung, dass ich Zeit brauche, um darüber nachzudenken, es zu reflektieren. Diese alte Aktion des Grabens, die Du erwähnst, war der Beginn einer künstlerischen Praxis, die sich mit Vorstellungen von Produktivität auseinandersetzt. Viele meiner Projekte bestanden darin, Baustopps zu erwirken und später auch darin, Baumaterialien aus bestimmten Orten zu extrahieren. Auf diesem Wege konnten einige Brachen vor Bebauung bewahrt werden. Seit 2015 habe ich Abbaurechte für Eisenerz-Ablagerungen oder sogar einen Vulkan erworben, um deren Ausbeutung zu verhindern. Es ist also durchaus so, dass die weltweite Produktions-Unterbrechung mich zutiefst berührt – vielleicht ist dies auch der Grund, weswegen ich diese Bedenkzeit so nachdrücklich eingefordert habe. Dies hier ist übrigens tatsächlich das absolut erste Mal, dass ich ein Statement zur Krise abgebe.
Rotterdam, 27. Mai 2020

https://www.mor-charpentier.com/artist/lara-almarcegui/

 

J. Emil Sennewald, Kritiker und Journalist, unterrichtet an der Kunsthochschule ésacm in Clermont-Ferrand und der F+F Schule in Zürich, berichtet seit über 15 Jahren über Kunst aus Frankreich. emil@weiswald.comwww.weiswald.com

Artistes

Details Name Portrait
Lara Almarcegui

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