Regula Engeler & Jochen Heilek

Sean Scully, Hans Arp, Stefan Steiner · collecting: revisited, Ausstellungsansicht Kunsthalle Appenzell © ProLitteris

Sean Scully, Hans Arp, Stefan Steiner · collecting: revisited, Ausstellungsansicht Kunsthalle Appenzell © ProLitteris

Regula Engeler · der welt viel tiefe welten, 2022 (Wand links); Hanna Roeckle · Gemini Green, 2016/17, Ausstellungsansicht Kunstmuseum Appenzell

Regula Engeler · der welt viel tiefe welten, 2022 (Wand links); Hanna Roeckle · Gemini Green, 2016/17, Ausstellungsansicht Kunstmuseum Appenzell

Hinweis

Regula Engeler & Jochen Heilek

Appenzell — Das Kunstmuseum und die Kunsthalle Appenzell kombinieren mit ‹der welt viel tiefe welten› und ‹collecting: revisited› eine künstlerische Intervention mit einer Werkschau der Kunstsammlung der Heinrich Gebert Kulturstiftung. Als Hommage an das Räuber-Mikrogramm (1925/1972) von Robert Walser bespielt Regula Engeler (*1973) das Kunstmuseum mit einer Spur von direkt auf die Wände belichteten Fotografien, die ein wenig an frühe Aufnahmen mit der Camera obscura erinnern. In den Räumen der Kunsthalle erklingen aus versteckten Lautsprechern Tonspuren mit Stimmen, die aus dem Räuber-Roman vorlesen und von Jochen Heilek (*1972) gestaltet wurden. Auf unterschiedliche Weise erzeugen die beiden Kunstschaffenden aus Bühler (AR) so ein kontrapunktisches Referenzsystem zur sonst eher konventionellen, aber keineswegs faden Ausstellung, in welcher der scheidende Direktor Roland Scotti eine Auswahl von Werken vom späten 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart zeigt.
So leitet die Fotospur von Engeler unaufdringlich durch die Kabinette des Kunstmuseums, tritt in einen Dialog mit Bildern und Skulpturen, zeigt ungestüme Landschaften, verschwommene Gestalten, Architekturen aus einer scheinbar anderen Zeit. Dabei gibt es genauso wie im Vorlageroman von Walser weniger eine lineare Narration als ganz viele Irrwege und Verweise, welche dennoch durch die Idee des Künstlers oder der Künstlerin als Räuber:in zusammengehalten sind.
Auch die vorlesenden Stimmen in der Kunsthalle vermögen es, die Besuchenden in ein anderes Verhältnis zu den ausgestellten Werken zu setzen. Der dichte Text wird nur bruchstückhaft erfasst, die Stimmen kommen aus Holzwänden, aus einem Kohle-Beschickungskessel, sind in den katakombenartigen Gängen des Brennofens versteckt. Die industriellen Spuren der ehemaligen Ziegelhütte verstärken den Kontrast zwischen pragmatischer Werktätigkeit und künstlerischem Freigeist, wie er im Roman wie in der Sammlung anklingt. Bei Walser bewegt sich der Künstler als Räuber an den Rändern der Gesellschaft, wird belächelt und verkehrt dennoch auch in gehobeneren Kreisen. In diesem Spannungsfeld dürften sich auch viele Kunstschaffende bewegen, die zwischen Prekariat und Champagner-Vernissagen eine oft beängstigend bipolare Existenz führen. Vor diesem Hintergrund entwickeln die Exponate von Carl Walter Liner, Nesa Gschwend, Andrea Ostermeyer, Stefan Inauen, Fausto Melotti, Hanna Roeckle und vielen mehr eine neue Dringlichkeit. 

Until 
05.03.2023
Exhibitions/Newsticker Data Tipo Località Paese
collecting : revisited da 06.11.2022 a 05.03.2023 Ausstellung Appenzell
Schweiz
CH

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