Solène Gün
Solène Gün
Winterthur — Körper von jungen Männern, fast noch Buben, rohe Tattoos auf sonnengebräunter Haut. Eine Handinnenfläche zeigt Spuren harter Arbeit. Die Nägel abgebissen oder ungepflegt lang mit Schmutzrändern. Die Fotografin geht ungewohnt dicht an ihre Protagonisten heran, ohne deren Identitäten preiszugeben. Es geht um Menschen. Doch das Herzstück der Ausstellung bildet ein Séparée, darin zwei tiefblaue Himmelbilder mit fliegenden Vögeln. Blau symbolisiere für sie Hoffnung und Schutz, auch die Möglichkeit einer besseren und selbstbestimmten Zukunft angesichts einer von Ungerechtigkeit geprägten Gesellschaft, so Solène Gün. Es sind keine Zoom-Bilder aus sicherer Distanz, sondern Reise- und Recherchebilder einer Forschenden, die erst dann entstehen können, wenn Vertrauen da ist, wenn Voyeurismus und Angeberei fehlen. So sachte wie das Licht über die Oberflächen streift oder ein geheimnisvolles Schattenbild auf abgenutzten Containerwänden hervorbringt, so behutsam nähert sich Solène Gün ihrer eigenen Herkunft. Behauptungen stellt sie Fragen und Fragmentarisches entgegen; statt Härte zeigt sie Fragilität und Poesie.
Die 1996 geborene, zeitweise in Biel aufgewachsene Künstlerin hat an der ECAL in Lausanne Fotografie studiert und lebt in Paris. Bekannt geworden ist sie mit dem Projekt ‹Turunç›, 2019, entstanden in den Vorstädten von Paris und in Berlin. Mit ‹The Reflection of Sands › in der Coalmine erweitert sie die fotografische Bildsprache zu einer mäandernden, assoziativen Erzählung mittels montierter Bild- und Tonaufnahmen. Wir geraten in einen Sog sorgsam choreografierter visueller und akustischer Ereignisse. Sie nehmen uns mit auf eine Reise von Mardin im Osten der Türkei bis ans Mittelmeer. Es ist auch ein Stück von Migration geprägter Familiengeschichte der Künstlerin, die Vogellegende des persischen Mystikers Farid du-Din Attar aus dem 12. Jahrhundert seit Kindheit im Reisegepäck. Das Blau der Hoffnung begegnet uns wieder in der Schlussszene des Films: Drei junge Männer liegen am Strand, umspült vom Meer im abendlichen Sonnenlicht. Sie wirken entspannt. Alles funkelt wie tausend Diamanten. Dazu hören wir drei Stimmen, die von Europa träumen, vom Weggehen, von einer besseren Welt. In den Szenen davor folgten wir einem Auto mit drei Insassen und hörten dem Gespräch zu über Liebe, Verlangen, Verletzungen, Vergeltung, gebrochene Herzen, während Insekten zirpten und Motoren schnurrten.
Institutionen | Paese | Località |
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Coalmine - Raum für Fotografie | Svizzera | Winterthur |
Exhibitions/Newsticker | Data | Tipo | Località | Paese | |
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Reflection of Sands دەنگڤێدانا کوومێ — Solène Gün | da 15.01.2023 a 02.04.2023 | Ausstellung | Winterthur |
Schweiz CH |
Solène Gün |
Kulturraum S4 |