Yves Klein und Kunst der Aborigines — Energiematerialisationen
Eine grossartige Werkauswahl zu Yves Kleins Beziehung zum nach wie vor aktuellen Schamanismus der Aborigines in Australien verleitet in der Fondation Opale in Lens immer wieder zum Jubeln. Die Schau schreibt aber auch brillant und poetisch interkulturelle Kunstgeschichte.
Yves Klein und Kunst der Aborigines — Energiematerialisationen
Lens / Crans-Montana — Die Spuren von Körpern auf den monochromen Leinwänden von Yves Klein (1928–1962) wurden stets mit der Höhlenmalerei verbunden. Bislang war indes unbekannt, dass sich der Franzose 1952–1954 durch Bücher wie F. D. McCarthys ‹Australian Aboriginal Decorative Art›, 1938, so intensiv mit der Kunst der australischen Urbevölkerung beschäftigt hatte, dass er nicht nur Motive abzeichnete, sondern damit auch Tücher entwarf. Möglich, dass bereits die mit Hand- und Fussflächen sowie weiteren Zeichen bemalten Hemden, die Klein und der Poet Claude Pascal 1947 in Nizza trugen, etwas damit zu tun hatten. Diese Erkenntnis ist Philippe Siauve zu verdanken. Einst langjähriger Mitarbeiter in den Pariser Archives Yves Klein, hatte er 2017/18 den Katalog zur Ausstellung ‹Territoire du rêve› betreut, die Gegenwartskunst der Aborigines aus der Sammlung der Schwestern Primat in der Fondation Pierre Arnaud in Lens vorstellte. Die damals finanziell bereits wankende Stiftung wurde schliesslich von Bérengère Primat als Fondation Opale neu eröffnet.
In der Schau, die Siauve nun zusammen mit Georges Petitjean, Kurator der Fondation Opale, zu Klein und den Aborigines konzipiert hat, werden erstmals alle relevanten Dokumente zu dem Thema aus den Archives Yves Klein präsentiert. Als Kind seiner Zeit nahm der Künstler das Schaffen der Aborigines nicht als zeitgenössische Kunst wahr. Es war für ihn ein Überbleibsel paläolithischer Kultur, in der er die Dualität zwischen Linie und Farbe entstanden wähnte, die er monochrom auflösen wollte.
Die Schau lässt es dann aber offen, ob die Malerei der Aborigines – farblich auf Ocker, Asche und Kalk reduziert und oft kaum aus Linien, sondern aus vibrierenden Tupfen bestehend – in Kleins Kosmogonien nachhallt. Zentrale Werke Kleins treten vielmehr in Resonanz mit Perlen von Gegenwartskunst der Aborigines, die Ersteren formal teils erstaunlich ähnlich sind. Gemeinsam ist beiden Gruppen, dass ihre Materialität Verweis auf Geistiges ist: auf den Traum der Ahnen, den alle Nachgeborenen stets leben, bei den Aborigines; auf eine ewige, vom Künstler nur katalysierte Energie bei Klein. Das vom Künstler dafür stehende Blau wird jedoch in der in dieser Farbe abgezogenen Fotoserie ‹Landstory›, 2018, des australischen Künstlers Danie Mellor (*1970) zum Symbol der eiskalten Kolonialisierung seines Kontinents durch die Engländer: Blaue Landschaftsmalerei haben diese auf ihrem schneeweissen Porzellan, aus China importiert, besonders geschätzt.
Institutionen | Paese | Località |
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Fondation Opale | Svizzera | Lens |
Exhibitions/Newsticker | Data | Tipo | Località | Paese | |
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RÊVER DANS LE RÊVE DES AUTRES | da 10.12.2022 a 16.04.2023 | Ausstellung | Lens |
Schweiz CH |
Katharina Holderegger |
Yves Klein |