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In der Welt der sogenannten Social Media, als welche von Unternehmen betriebene Netzdienste wie Facebook, Twitter oder Instagram durchgehen, sind «Freunde» und «Follower» das Schmiermittel, das den Laden erst richtig zum Laufen bringt. Schliesslich können die Betreiber aus verknüpften Daten umso besser Profit schlagen, je stärker sich Nutzer/innen um die Mehrung ihres sozialen und kulturellen Kapitals bemühen. Im einen wie im andern Fall sind es Zahlen, die zählen. Ein Trend, der zunehmend auch den Kunstbetrieb erfasst. Dass es in der sonst so gern auf Qualität pochenden Kunstwelt eine Wertzuschreibung gibt, die sich aus der Quantität von Zuspruch speist, ist nicht wirklich neu: Zwar mag nach wie vor der Kult um das von seinen Zeitgenossen verkannte Genie florieren. Zugleich werden Blockbuster-Ausstellungen konzipiert und stolz Besucherzahlen bekannt gegeben. Je höher die sind, desto besser klappt es mit Kulturförderung und Sponsoren. Insofern scheint es zunächst nur konsequent, wenn auch Ausstellungsinstitutionen «social media» nutzen, um für sich zu werben und zugleich mit «Likes» und «Followern» zu belegen, dass ihre Öffentlichkeitsarbeit funktioniert. Doch was, wenn hinter den Zuneigungsbekundungen gar keine echten Personen stehen? 2014 hat der niederländische Konzeptkünstler Constant Dullaart mit Projektmitteln des Pariser Jeu de Paume zweieinhalb Millionen falscher Instagram-Follower gekauft und sie auf die Accounts prominenter Vertreter der Kunstszene verteilt, darunter die von Klaus Biesenbach, Richard Prince und Ai Weiwei. Eine Spende, welche die solcherart Begünstigten kaum glücklich gemacht haben dürfte: Ganz ähnlich wie auf dem klassischen Kunstmarkt wird mit Fälschungen das System der Wertschätzung korrumpiert und das in es gesetzte Vertrauen ruiniert. Auf dieses Prinzip setzt auch Dullaarts aktuelles Projekt. Diesmal hat er mit Unterstützung der Frankfurter Schirn eine ganze Armee gefälschter, funktionstüchtiger Facebookprofile rekrutiert. Sie tragen die Namen jener jungen hessischen Männer, die Ende des 18. Jahrhunderts als Söldner nach Amerika verschifft wurden, um dort im Unabhängigkeitskrieg zu kämpfen. Dass sie mit Mitteln einer Institution ins Feld ziehen, die selbst in den «social media» höchst aktiv ist, mag manchen Kunstfan im Netz zu einem «Like» für die Schirn verführen. Vielleicht aber auch erkennen lassen, dass dieser Einladung zu folgen mehr kostet als eine Eintrittskarte - obwohl es doch scheinbar gratis ist.

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