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«Der Vater schiesst das erste Wildschwein, es wird im Keller zerlegt, gehäutet und in der Waschküche aufgehängt. 20 Rappen kostet der Blick auf das erlegte Tier. Das Kindermädchen hat die Wildschweinzähne zu putzen und in ein Kästchen zu legen.» Zitat: «Das Haus» (2008)

Was macht Erinnerung aus und woran macht sie sich genau fest? In der Videoarbeit «Das Haus» (2008) spiegelt sich ein halbes Jahrhundert Familiengeschichte an den leeren Wänden eines Einfamilienhauses: Die Kamera fährt durch das Gebäude, während eine Stimme aus dem Off von der Vergangenheit erzählt. Thürings Umgang mit Raum und Zeit im Film spielt mit den Erwartungen des Betrachters und befragt die Beziehung zwischen Dokumentation und Fiktion. Das Fehlen von Mobiliar und die lakonische Sprache schaffen Leerstellen, die gegenläufig zu «Gedächtnislücken» keinen Erinnerungsverlust darstellen, sondern die Frage an den Betrachter richten, was Erinnerungen genau ausmachen: der subjektive Blick zurück aus dem «Heute», sich immer wieder anhand von Räumen und Dingen manifestierend, deren Bedeutung sich erst im Wissen um die (eigene) Geschichte erschliesst.
Durch die Objektivierung von Wort und Bild in der formalen Umsetzung konfrontiert Thüring den Betrachter somit auch mit seiner eigenen Vergangenheit. Annette Amberg

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