Andrea Thal

Dilettant_innen vor! An Kunsthochschulen, in Ausstellungsräumen und Institutionen, in Förderstrukturen und Produktionsabläufen macht sich eine Tendenz bemerkbar, im Zuge derer Berufsfelder enger umschrieben und aufgeteilt und Resultate zunehmend (vor)formuliert werden. Die genannten Bereiche verbindet in dieser Hinsicht die Idee einer möglichst effizient ausformulierten Anleitung nicht nur dessen, was es im Allgemeinen in einem bestimmten Feld zu tun gilt, sondern insbesondere auch davon, wie die/der Einzelne das eigene Tun selbst (vor)formuliert. Damit wird im Vornherein definiert, was bei einem Projekt als verwertbares Ergebnis zu erwarten ist, der eigentliche künstlerische oder kuratorische Prozess dient der Ausführung nach Plan. Als möglichen Gegenentwurf schlage ich hier die Figur der Dilettant_innen vor. Dilettant_innen agieren gern in losen Kollektiven, sie gehen einer Tätigkeit nach, in der sie keine anerkannte Ausbildung absolviert haben - beziehungsweise sich nicht nach deren Regelwerk verhalten - und die nicht - oder nicht im herkömmlichen Sinn - an Lohnarbeit gekoppelt ist. Nach Wolfgang Müller, der 1981 das Buch Geniale Dilletanten herausgab, zeichnen sich Dilettant_innen auch dadurch aus, dass sie Fehler bewusst in ihr Schaffen mit einbeziehen und als produktiven Bestandteil ihrer Tätigkeit verstehen. Die Dilettant_innen, so wünsch ich's mir, erkennen die Gesten und Abläufe der vorgeführten Professionalität und des resultatorientierten Denkens. Sie ziehen es vor, in den eigenen, zumindest offensichtlichen Unzulänglichkeiten zu verweilen, die Dinge zu drehen und zu wenden, sie fallen zu lassen und drüberzustolpern, kurz: sie aus immer neuen Blickwinkeln zu betrachten. Sie nutzen und benutzen dieselben Bezeichnungen und Titel, aber, anders als die Profis, sind die Praxen der Dilettant_innen nicht im Kanon gefasst, sondern sie gehen aus Selbstorganisation und gegenseitigem Austausch hervor und wissen um ihren provisorischen und instabilen Status.