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Notizen zur Kunstvermittlung

1. altmodisch
Begeisterung, Überraschung, Staunen - es sind unvermittelte, einzigartige und spezifische Erfahrungen, die möglich sind bei der Rezeption von Kunst. Jede und jeder macht sie für sich. In Zeiten sich immer mehr verbreitender sekundärer Erlebnisangebote, durch die es dem Einzelnen zuweilen schwer fällt, zu differenzieren, welches Erlebnis er selbst gemacht, und welches sich durch Reality Shows, Computerwelten oder Facebook-Communities vermittelt hat, gewinnt die Bedeutung der Kunstvermittlung. Eine durch und durch altmodische Sache.

2. antizyklisch
Sich dem vermeintlich Nutzlosen zu widmen, ist in der ökonomisierten Lebenswelt lebenswichtig. Was zunächst als beschauliche «Kunst-Insel» im lärmigen Umfeld erscheint, entpuppt sich als ganz und gar nützlich. Denn auf der «Kunst-Insel» sind kritische, möglicherweise auch konstruk-tive Kommentare, Impulse und Anregungen zu finden, die unter Umständen im Getöse draussen Melodie, Rhythmus oder Kontrapunkt aufzuspüren vermögen.

3. anti-autoritär
Jedes Sprechen über die Kunst birgt die Gefahr einer Fixierung in mehr oder minder sich sprachlich linear entwickelnder Argumentationen. Eine Eigenschaft, die der Kunst zuwider ist. Dementsprechend stehe ich für eine Vermittlung ein, die ihre eigene Kontingenz offenlegt. Keine autoritäre Verkündung von Wahrheiten, sondern Möglichkeiten, Bruchstücke, Facetten.

4. unverzichtbar
Als «Orchideenfach» wird die Kunstgeschichte bezeichnet. Kunst und Kultur sei Luxus. Dem gegenüber stehen zahlreiche historische Quellen, die darlegen, dass die Menschheit gerade in existenziell schwierigsten Zeiten auf Kunst und Kultur nicht verzichten konnte. Sie sind das entscheidende Instrumentarium, um in widrigsten Umständen sich seine Würde und Menschlichkeit zu bewahren. Demnach ist Kunst nicht Luxus. Sondern es ist Luxus, darüber zu debattieren, ob es Kunst braucht. In diesen Tagen ist kaum jemand in der Kultur nicht von Kürzungen betroffen. Kunstvermittlung: sich dafür einsetzen, künstlerische Ziele zu realisieren einerseits, sich dafür starkmachen, dass auch eine breite Öffentlichkeit versteht, dass Kunst nicht Luxus ist, sondern grundlegende Basis für jedes Tun andererseits.

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