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Die Polyphonie künstlerisch/kuratorischer Praxen sowie die Notwendig-
keit einer veränderten Förderpolitik

Die vielfältigen Produktionsmodi zeitgenössischer Kunst erfordern unterschiedliche Rezeptions- bzw. Partizipationsmöglichkeiten sowie Distributionsweisen. Auf Grund der Ausdifferenzierung und ihrer je spezifischen Anforderungen sollte auch nicht von DER kuratorischen Praxis gesprochen werden, sondern im besten Fall von einer Polyphonie verschiedener kuratorischer Praxen, die mit den jeweiligen Produktionslogiken zeitgenössischer Kunst in Dialog stehen und auf Grundlage dieser Kommunikation Präsentations- und Vermittlungsformate entwickeln und vorschlagen.

Während sich einige Formate in der zeitgenössischen Kunst vor dem Hintergrund von eingespielten Repräsentationstraditionen ohne Weiteres entfalten und vermitteln lassen, benötigen andere ein offenes Experimentierfeld, um neue Wege der Recherche, Produktion und Vermittlung finden und artikulieren zu können. Viele dieser künstlerischen Praxen betreiben im weitesten Sinn eine Form von «Wissensgenerierung», die spezifische Anforderungen sowohl an die kuratorischen Praxen als auch an kulturpolitische Arbeit stellen. Es geht unter anderem um die Frage, welche Praxis wie unterstützt werden kann und sollte.

Von kuratorischer Seite kann dies eine Bereitschaft zu «Langzeitprojekten» sein, welche auch notwendige Zwischenschritte der künstlerischen Recherche und Produktion dialogisch begleitet, unterstützt und vermittelt. Bei solchen prozessorientierten Projekten entfaltet sich der Werkbegriff nicht selten in einen Praxisbegriff, der Prä- und Postproduktion genauso wie reflexive Vermittlungstools mit einschliesst und eine Archivierung und Distribution konsequenterweise nach sich ziehen sollte. Um diesen künstlerisch-kuratorischen Austauschprozess in Bezug auf
Fragen der Wissensgenerierung, der Präsentation und Vermittlung nachhaltig zu gestalten, bedarf es auch entsprechender finanzieller Unterstützung. Uns erscheint diesbezüglich ein enger Dialog mit Förderinstitutionen notwendig, um das Wissen über die Anforderungen solcher Projekte genauso wie über deren Methodologien weiterzugeben und dadurch andere Möglichkeiten der Förderung zu erreichen. Wir denken, dass es an der Zeit ist, diesen Ansatz verstärkt zu artikulieren, damit mittelfristig die aus unserer Sicht notwendigen Nachjustierungen von Förderstatuten im konstruktiven Dialog mit den betreffenden Stellen der Kulturpolitik und -förderung vorangetrieben werden können. Konkret sehen wir dringenden Handlungsbedarf in Bezug auf folgende Punkte:

-Honorarpolitik gegenüber KünstlerInnen
-Produktionskosten, einschliesslich Prä- und Postproduktionskosten sowie Unterstützung der angesprochenen Reflexions- und Vermittlungstools
-Förderung langzeitorientierter Projektdynamiken
-Möglichkeit kollektiver Arbeitsweisen
-Unterstützung transdisziplinärer Ansätze
-Finanzierungen von künstlerischen Recherchen
-Möglichkeiten transnationaler Zusammenarbeit und Austauschs, was die Infragestellung ausschliesslich national ausgerichteter Förderkonzepte mit sich bringt
-Diskursive Programme/Anteile, die nicht als Rahmenprogramme definiert werden, sondern die als Teil der Wissens- und Projektproduktionen mit anerkannt werden

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Artikel
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