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«Du gehörst nicht hierher. Wir gehörten einfach nicht dazu.» Mit diesen Worten, ausgesprochen von der 80-jährigen Marion Schlapfer Brandes, beginnt Karen Geyers Audioinstallation «MarYvon». In knappen Sätzen fasst die Erzählerin Bruchstücke ihrer unglaublichen Kindheit in Zürich als Tochter polnisch-jüdischer Eltern in Worte und kann doch immer nur spekulativ bleiben, denn: «Ein Kind durfte keine Fragen stellen. Später war es zu spät.» Seit fünf Jahren trägt Karen Geyer unter dem Titel «Versuch einer Übersicht über das letzte Jahrhundert des zweiten Jahrtausends» Interviews mit betagten Menschen deutschsprachiger Herkunft zusammen. Mittlerweile hat sich Geyers Tätigkeit in der New Yorker Diaspora herumgesprochen, und einige Menschen suchen sie von sich aus auf, im Wissen darum, dass sie die letzten Zeugen einer vergangenen Zeit sind.

Die Künstlerin lässt sich bei ihrer Recherche vom Zufall und den Menschen leiten; wie in der Musik, die sie macht, besteht ihre Tätigkeit eher darin, das Material zu sammeln und neu zu arrangieren, statt es zu verfremden. Dies führt auch der Titel «MarYvon» vor: Wie eine Legierung offenbart er die Innigkeit und Doppelung der Zwillingsschwestern Marion und Yvonne und weist gleichzeitig auf den sprachspielerischen Namen des Schuhladens der Eltern hin. Und nicht zuletzt weist er auf das zugleich Besondere als auch Gemeinsame von Marions Geschichte, die ein Stück verdrängter Zürcher Geschichte ist. Im Zwischenraum von Marion zu Yvonne und zu uns, von Erinnerungsbild und Erzählstimme, von der Stimme und ihren Echos, eröffnet sich die Frage, was sich denn heute geändert hat. Yvonne Volkart

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Karen Geyer