Gottfried Honegger im Haus Konstruktiv

Gottfried Honegger am 16. Juli 2007 in seinem Atelier an der Helenastrasse, Zürich, Foto: Walter Pfeiffer

Gottfried Honegger am 16. Juli 2007 in seinem Atelier an der Helenastrasse, Zürich, Foto: Walter Pfeiffer

Besprechung

Anlässlich des neunzigsten Geburtstags von Gottfried Honegger hat das Haus Konstruktiv eine Werkschau eingerichtet, die versucht, siebzig Jahre künstlerischen Schaffens zu vereinen. Damit wird dem Spiritus Rector des Hauses die umfangreichste Einzelausstellung in einem Schweizer Museum gewidmet

Gottfried Honegger im Haus Konstruktiv

Was für eine Wohltat, einen Künstler wie Gottfried Honegger vor sich zu haben inmitten des mehrheitlich selbstgefälligen und selbstverliebten Kunstbetriebs. Feurig und beredt ereiferte sich der neunzigjährige Künstler an der Pressekonferenz über die Flachheit unserer Event-Kultur und beschwor inständig die Verantwortung der Künstler und der Kunstvermittler für die Gesellschaft und ihre Zeit. Der 1917 in Zürich geborene Maler und Plastiker, der zusammen mit Max Bill und Richard Paul Lohse zu den wichtigsten Vertretern der konkreten Kunst zählt, gehört zu den wenigen, die genau wissen, was Kunst ist und soll, nämlich primär Spiegel ihrer Zeit sein. Einem sozialdemokratischen Milieu entstammend, ist der bekennende Marxist einem zutiefst humanen Kunstbegriff verpflichtet, der gesellschaftliche Mitwirkung impliziert. Honegger hat sich stets bemüht, der heute herrschenden Egomanie eine soziale Kraft entgegenzusetzen. Als Kunstform scheint ihm dafür die demokratisch geprägte konstruktiv-konkrete Kunst geeignet, die alle Lebensbereiche umfasst und Trägerin einer «antiresignativen Kraft» ist.
Das Gewicht liegt in der gross angelegten Ausstellung auf der Entwicklung des Bildes, dem romantisch-lyrischen Aspekt, der sich neben der Bezugnahme zur Geometrie des Raumes wie ein roter Faden durch Honeggers Werk zieht. Einem Präludium gleich sind im Erdgeschoss die verschiedenen Themen seiner umfangreichen Werkphasen mit repräsentativen Werken angetönt. Im ersten Obergeschoss erinnern zwei Porträts an seine frühe Auseinandersetzung mit Picasso, bevor er Monotypien anfertigte und dann langsam zu einer eigenen Sprache fand. Um 1950 entwickelt er den Bildtypus des Tableau-Reliefs, an dem er bis in die 1990er Jahre arbeitet. Es sind monochrome, aus Kartonquadraten strukturierte und reliefplastisch gesteigerte Oberflächen. Die neue Folge der Tableaux-Reliefs umfasst zweiteilige Bildobjekte, die als aneinanderstossende und leicht verschobene Kreis- und Quadratausschnitte Shaped Canvases formulieren.
Eine Klimax von Honeggers Schaffen ist das fünfteilige, grossformatige, rubinrote Bild von 1977, Nr. Z 781, das von Diagonalen strukturiert ist. Da die Diagonalen nach einem Zufallsprinzip entstanden sind, beschreibt Honegger es als eine Hommage an den Zufall. Ein weiteres Schlüsselbild ist ein schwarzes, monochromes Bild von 2007, in welches die Wand teilweise einbezogen ist. Die mehrteiligen Wandobjekte, die bald auf einfachen, bald auf komplizierten Formkombinationen beruhen, markieren das Bindeglied zwischen dem malerischen und dem freiplastischen Werk. Die Schau zeigt die Wechselwirkung zwischen dem Prinzip der Ordnung und dem freien Spiel sowie Honeggers Suche nach der Einheit zwischen Bild, Wand und Lebensraum, nach einem Gesamtkunstwerk, in dem «die Welt zu Kunst wird».

Until 
27.10.2007

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