Annette Kelm in der Galerie Johann König
In verknappt-nüchternem Stil lotet Annette Kelm Repräsentationsformen des Fotografischen aus und öffnet dabei die Darstellung für subtile Bedeutungsambivalenzen. Sujets werden über klassische Genres wie Stillleben, Porträt oder Objekt- und Architekturfotografie entwickelt und meist geht dabei die ikonisierende Zuspitzung des Bildgegenstands mit Erzeugung kalkulierter Rätselhaftigkeit einher. Nach zuletzt zahlreichen Beteiligungen an grossen Gruppenausstellungen wird Annette Kelm jetzt mit einer Einzelschau vorgestellt.
Annette Kelm in der Galerie Johann König
Die Bilder von Annette Kelm schweigen an den richtigen Stellen. Die klare Formensprache legt alles offen und doch ist oft nicht so recht einzuordnen, was man sieht. Bei Kelm hat das Methode. Für die aktuelle Schau «Vierjahreszeiten» hat sie etwa Exponate aus dem Berliner Musikinstrumentenmuseum fotografiert: Die erste E-Gitarre ist darunter ? eine 1934er Rickenbacher, Typ «Frying Pan», die sie vor dem Hintergrund eines afrikanischen Wachsbatikstoffes inszenierte, - sowie eine opulente Wurlitzerorgel aus dem Besitz von Werner von Siemens, die Kelm im musealen Kontext zeigt und durch Einfügen einer kleinen Miro-Druckgrafik quasi kommentiert. Andere Fotos zeigen eine kreisrunde Umhängetasche, in deren Vorderseite eine Uhr mit Ziffernblatt eingelassen ist - ein 80er-Trash-Fundstück, entdeckt in L.A.: Viermal dasselbe Objekt aus gleicher Perspektive in neutraler Studioästhetik fotografiert, die Zeigerstellung jeweils um eine Minute versetzt. Wieder andere Bildern führen künstliche, in Parks errichtete Vergnügungs- und Ruralarchitektur vor, Aussenaufnahmen, die etwa Teile des bei Versailles gelegenen Château Groussaille zeigen: das Haupthaus und einen pyramidenförmigen Pavillon. Doch die Gebäude sind historischer Fake, auf Look gebauter Stilmix eines frei fantasierten 18. Jahrhunderts, der tatsächlich von 1959 stammt. Die Recherche solcher speziellen, ästhetisch codierten und oft aus verfeinerter Künstlichkeit von Trash bis Hochkultur erwachsenen Bildgegenstände ist zentraler Ausgangspunkt von Kelms Arbeit und wesentlicher Teil der Bilderfindung, auf den die fotografische (und oft durch Titelgebung mitbestimmte) Inszenierung dann ausgerichtet ist. Kelm betreibt aneignende Archäologie des Artifiziellen, Ästhetizistischen und Manierierten, die sie durch inszenatorische Strategien des Fotografischen ihrerseits spiegelt, kommentiert, umdeutet. So folgen ihre Fotos bei aller vordergründigen Verschiedenheit einer vergleichbaren Bildauffassung. Es sind quasi Hybride zwischen Dokumentation und Staging, reduzierte und hochgradig formalisierte Kompositionen, in denen Sehen und Lesen eng verflochten sind. Ihre diskrete Opulenz entspringt der eigenwilligen Verknüpfung von Sujet und Stilisierung, die Kelm als Überschreibung kultureller Codes ins Bild setzt.
Institutionen | Paese | Località |
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Johann König | Germania | Berlin |
Jens Asthoff |
Annette Kelm |