Goshka Macuga, «I Am Become Death»
Als Robert Oppenheimer die Auswirkungen der über dem Testgelände von Trinity in New Mexico gezündeten ersten Atombombe sah, entfuhren ihm angeblich die Worte: «Jetzt werde ich den Tod geworden sein.» Als Prolog zur Ausstellung wirkt der Satz wie der Stoss, der den Stein ins Rollen bringt.
Goshka Macuga, «I Am Become Death»
Mythos, Krieg, Manipulation: Dies sind die Bausteine, mit denen die polnische Künstlerin Goshka Macuga (*1967) ihre mit einem Zitat aus der «Bhagavagita», dem heiligen Buch der Hindus betitelte Präsentation in der Kunsthalle Basel eingerichtet hat. Wie eine alle Disziplinen sprengende Versuchsanordnung wirkt das Zusammenfügen zeitgeschichtlich divergenter Themenbereiche, deren Kausalität angenommen, aber nicht stichfest nachzuweisen ist. Für die konzeptionelle Anordnung der mehrheitlich aus Fotografien bestehenden Ausstellung orientierte die Künstlerin sich an Herbert Bayers Modell zur Musterschau «Road to Victory», die 1942 im Museum of Modern Art in New York als propagandistische Demonstration von Amerikas militärischer Stärke gewirkt hatte. Später inszenierte Edward Steichen mit der Ausstellung «Family of Man» im gleichen suggestiven Ton das illusionistische Ideal einer klassenlosen Menschheit. Als durchschlagender Exportartikel gastierte «Family of Man» 1958 auch in der Kunsthalle Basel und hat dort Spuren im Archiv hinterlassen. Als weitere Quellen dienten der Künstlerin das Warburg Institute der Universität London, welches Materialien zur Forschung des deutschen Kunsthistorikers beherbergt, der sich 1923 mit einem Vortrag zum Schlangenritual der Hopi-Indianer aus seiner Internierung in die psychiatrische Klinik in Kreuzlingen freigesprochen hatte. Fundstücke aus dem privaten Archiv eines Vietnam-Veteranen ergänzen die Auslese an Bildern, die im intellektuellen Dickicht der Ausstellung als motivische Knotenpunkte und thematische Fährten dienen.
Bei aller inhaltlichen Komplexität wirkt die Anlage der Werke geordnet: Eine hoch aufragende schiefe Ebene und eine grosse Holztrommel dominieren den Raum - Repliken von Skulpturen, die Robert Morris 1971 in der Tate Gallery zeigte. Allerdings musste die Ausstellung bald geschlossen werden, weil Besucher sich verletzt hatten. An den Wänden lose Abfolgen der aus den Archiven geborgenen Fotografien, die trotz der verschiedenen Herkunft und der unterschiedlichen Alterungsprozesse motivische Verwandtschaften ausbilden. Als Zwischenergebnis erlaubt das Dispositiv eine Einsicht in die visuelle Kraft der Bilder zur Geschichtsschreibung, die aber jede Eindeutigkeit und einfache Lesbarkeit verwehrt. Handfeste Resultate liefert der Dokumentarfilm, der die Reise der Künstlerin in die Vergangenheit auf den Spuren von Aby Warburg nach New Mexico aufzeichnet und einiges an Hintergrundwissen zu den Exponaten aufdeckt.
Institutionen | Paese | Località |
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Kunsthalle Basel | Svizzera | Basel |
Isabel Friedli |
Goshka Macuga |