Die fünfzigste Biennale unter dem Titel «The Dictatorship of the Viewer» ist – so der Direktor Francesco Bonami – als Angebot an die Besucher zu verstehen: Nach zwei Biennalen, die Harald Szeemann als Kurator bis in den letzten Winkel der von ihm erschlossenen alten Hallen geprägt hat, lud Bonami elf Kuratoren ein, jeweils unter eigenem Titel einen Abschnitt des Parcours zu gestalten. Der gemeinsame Titel räumt den eher losen Zusammenhang des Gezeigten ein und fordert gleichzeitig zur wachen, eigenen Suche nach den Verwandtschaften auf.
Beinahe unbemerkt hat das menschliche Individuum, das sich mehr und mehr auf eine Teilnehmerrolle in verschiedenen Systemen, Kontexten und Lebenswelten reduziert sah, in letzter Zeit wieder an Bedeutung gewonnen; alleine schon durch die offene Stelle des Vermittlers zwischen unterschiedlich rationalisierten Bereichen. Sachzwänge hin oder her, Identität beginnt mit der souveränen Setzung des eigenen Ichs.
Bislang wurden die Videoarbeiten der schwedischen Künstlerin Annika Larsson (*1972) vor allem in Gruppenausstellungen gezeigt. Das Museum für Gegenwartskunst Basel widmet ihr nun die erste Einzelausstellung und zeigt fünf Videoinstallationen und eine Monitorarbeit: Anlass zu einer Auseinandersetzung mit einem noch jungen Werk.
Le Musée cantonal des beaux-arts de Lausanne et le Kunstmuseum de St-Gall organisent conjointement la plus importante rétrospective consacrée à l’œuvre d’Olivier Mosset. Membre de BMPT, figure marquante de la tendance Néo-géo, instigateur de la Radical painting, Mosset n’en demeure pas moins un artiste indépendant, chez qui le mot fameux de Cézanne, «la vérité en peinture», prend de nouvelles et complexes résonances.
À Bienne, Fabrice Gygy délaisse un temps le mode interactif pour la frontalité. Monochromes alignés comme à la parade, scandant l’immaculée perfection des salles du musée. La bâche est tendue, la violence est contenue. La fête est terminée. S’agit-il d’intimider le spectateur? Également peaux et frontières, ces images deviennent la métaphore de l’artiste et d’une situation ambiguë qui excède le cadre de l’exposition.
Der Augarten ist ein kleiner Park im zweiten Bezirk Wiens, bekannt für Wiesen, einen Spielplatz, die traditionelle Manufaktur «Augarten-Porzellan» und die Schule der «Wiener Sängerknaben». In einem etwas abgelegenen Winkel steht das «Ambrosi-Museum» mit der Skulpturen-Sammlung des Bildhauers aus den dreissiger bis fünfziger Jahren. Das zweite Gebäude dieser ehemaligen Wohn- und Atelieranlage bespielt das Belvedere mit einem Kontrastprogramm von zeitgenössischen Gruppenausstellungen. Mit der aktuellen Ausstellung stellt sich der Kurator Thomas Trummer ein weit reichendes Thema: «Trauer».
Mit dem räumlichen Setting in der Galerie fokussiert Fabrice Gygi (*1965) mit gewohnter Präzision auf die autoritären Strukturen westlicher Gesellschaften. Die skulptural angeeigneten Zeichen der Repräsentation mit ihrer auf Krieg, Macht und Repression verweisenden Ästhetik evozieren dabei gleichzeitig und ungeschönt die Verletzlichkeit und Unbehaustheit des Individuums.
David Hammons ist berüchtigt, einer der schwierigsten und streitlustigsten amerikanischen Künstler zu sein. Vielleicht ist dieser Ruf darin begründet, dass sich der sechzigjährige Afro-Amerikaner aus dem rastlosen Kunstkarussel nach Möglichkeit heraushält. Stets auf der Suche nach den Wurzeln «seiner schwarzen Kultur», ist er viel in seinem geliebten Harlem unterwegs, greift auf, was er in den Strassen findet, und beobachtet, wie die Dinge in seinem Atelier zusammentreffen. Der Umgang mit Gebrauchtem und Weggeworfenem ist eine wohlbekannte Strategie der Arte Povera, die Hammons adaptiert hat und die er in Aktionen, Objekten, Wortspielen und in Jazz- und Blues-Sessions verarbeitet.
Man könnte an Anselmus, den fantastischen Helden in E.T.A. Hoffmanns «Der goldne Topf» denken, vor dessen Augen sich der edle, bronzene Türklopfer am Tor des Hauses seines neuen Arbeitsgebers zu einem böse grinsenden Geistergesicht verzieht und den Studenten einstweilig davon abhält, seine neue Stellung anzutreten. Auch in Hans-Jörg Mayers Bildern, die in der Galerie Nagel zu sehen sind, transformiert sich die glänzende Welt der Life-Style-Magazine in einen morbiden, verlorenen Ort.
Der polnische Künstler Pawel Althamer hat den Galerieraum zu einer scheinbar verlassenen Industriehalle umgestaltet, die durchgehend geöffnet ist. Gleich einer Ode an die Vergänglichkeit wird hier Patina zelebriert. Dabei bleibt unklar, ob es sich um eine historische Inszenierung oder um eine visionäre Zukunftsdarstellung handelt.
In Chur befassen sich in diesen Sommerwochen gleich zwei Ausstellungen mit demselben Thema: GRAUBÜNDEN. Gezeigt werden Ausschnitte aus der überaus reichen und aussergewöhnlichen Kunstsammlung von Duri Capaul. Die Präsentation spannt sich über mehr als zwei Jahrhunderte.
Renata Bünter fragt nach Zeit-Bildern. Nicht einfach nach historischen oder zeitgemässen Bildern, sondern nach Bildern, die sich mit Vorstellungen der «Zeit» selbst verbinden. Gesucht hat sie nicht in den Zentren der Macht, die vorgeben, Geschichte zu schreiben; sie hat lediglich einzelne Menschen nach ihren images mentales befragt, wie sie sich rasch bei diesem Wort einstellen: «Ich sehe ein Band, eher weisslich, wie bei alten Fotos. Verschwommen, ein nicht entwickelter Film. Der Sommer ist in der Mitte, rot. Die Zeit, an die ich gerade denke, wird farbig.»
Das Museum ist die vorläufig letzte von inzwischen 29 medialen Instanzen, der Antoni Muntadas unter der Überschrift «On Translation» seit 1995 systematisch auf den Zahn fühlt. Hans D. Christ und Iris Dressler vom seit Jahren mit anspruchsvollen Ausstellungen zum Thema Medienkunst brillierenden Think-Tank des Dortmunder hardware medien kunst vereins haben die Ergebnisse dieser Recherche im Auftrag des Künstlers für eine grosse Schau «übersetzt».
Dalia neigt ihren Kopf im anmutigen Profil. Eine lange Strähne Schwarz fällt vor ihr Gesicht und bis fast auf das unordentlich zerknautschte Weiss ihres Kleides. Die weich geschwungene Linie verbindet das abgetönte Graublau des Oberkörpers mit einer fast türkisfarbenen Aureole über dem Scheitel. Dalias nackte Beine suchen Halt an den Streben des Hockers, die Hände, hinter dem Rücken aufgestützt, balancieren die Pose auf dem lehnenlosen Sitz aus: «Dalia – Faltenwurf» (1998) sprengt in seiner selbstverständlich vorgetragenen Anmut weder das klassische Format einer Leinwand noch irgendeine Kategorie der Kunstgeschichte.
Silke Otto-Knapps Aquarellmalerei könnte als Arbeit über urbane Idyllen bezeichnet werden. Die in London lebende Deutsche findet diese jedoch nicht in europäischen Städten, in denen es meist ein Zentrum und Strassen zum Flanieren gibt, sondern in der wuchernden, amerikanischen Metropole Los Angeles und der Wüstenstadt Las Vegas.
Vor neun Jahren drehte der englische Musiker Dave Stewarts zu seinem Song «Heart of Stone» ein Musikvideo voller Anspielungen auf Werke der bildenden Kunst. In kurzen Szenen treten immer wieder die Bandmitglieder wie lebendige Balkenhol-Skulpturen auf kleinen Sockeln auf. Langsam flanierendes Publikum lässt das Bild unmissverständlich werden: wir sehen die Eröffnung einer Ausstellung. Das Video gab den Impuls für Udo Kittelmann, der in seinem Museum in Frankfurt die Ausstellung «Das Lebendige Museum» konzipiert hat: sechs Wochen performative Installationen.
Mehr als zehn Jahren ist es her, dass der US-amerikanische Maler Stephen Ellis bei Crone ausstellte. Jetzt ist er wieder mit einer Einzelschau am Hamburger Standort der Galerie präsent. Ellis (*1951) ist Vertreter der «redefined abstraction», jener Linie amerikanischer Malerei, die sich im New York der späten achtziger und neunziger Jahre formierte und sich etwa auch mit Namen wie Bleckner, Halley und Lasker verbindet. Ellis zeigt eine neue Werkgruppe, bei der er Malerei in enger Verbindung zu lyrischen Texten entwickelt.
Es gibt sie noch, diese Momente der Beklemmung und Faszination, wenn etwas irgendwie Vertrautes und gleichwohl Unbekanntes zusammentrifft. Diesen Déjà-vu-Effekt erreicht der Berliner Julian Göthe (*1966) mit einer raumgreifenden Skulptur im Schaufenster des Antiquariats Buchholz.
Mit einer programmatischen Ausstellung wurde der Kölnische Kunstverein Mitte Mai nach mehreren Monaten Schliessung an einem neuen Standort wiedereröffnet: «Wir müssen heute noch an Ihr Vorstellungsvermögen appellieren, um im Namen der Kunst vor- und rücksichtslos den Raum zu behaupten, in den Sie oder wir uns gedrängt haben. Mit welchem Recht, fragen Sie jetzt sicherlich.»
Zum Konzept des Künstlers Stefan Banz gehört es, dass er sich nicht auf Sparten, Genres und Rollen festlegen lässt. Er ist Videokünstler, Fotograf, Romanautor, Kritiker, Kurator, Katalogmacher und eben, wie in Kriens, Konzeptmaler.
Die aktuelle Ausstellung im Kunsthaus Baselland in Muttenz zeigt im Kabinett neuste Arbeiten von Anna Amadio und bringt die Künstler Eric Hattan und Werner Reiterer zusammen.
Als ein langfristiges Vernetzungsprojekt konzipiert, umfasst «Contemporary Arab Representations» Vorträge, Seminare, Publikationen und Ausstellungen. Nach Beirut/
Libanon widmen sich Catherine David und Nuria Enguita Mayo von der Fundació Tàpies in Barcelona jetzt der Megapolis Kairo.
Kreisringe, Streifen, Monochrome, Abstrakte; Schweiz, Frankreich, Amerika. Die Stationen im Schaffen des Neuenburger Künstlers Olivier Mosset sind klar überschaubar und voller Referenzen. Und dennoch entzieht sich seine künstlerische Praxis der Einordnung. Die von St. Gallen und Lausanne gemeinsam konzipierte Einzelausstellung mit insgesamt rund hundert Arbeiten aus vier Jahrzehnten legt einen konsequent gelebten Widerstand gegen jede Art von Vereinnahmung offen.