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Kunst-Podcasts II — Fachleute und Laien rücken aktuelles Kunstgeschehen in den Blick

International — «The point of a podcast is to keep talking», stellt einer der beiden Macher des ‹Good Point Podcast› in der ersten Folge trocken fest. Nebst den Hör-Formaten von Kunstinstitutionen, die wir vor zwei Wochen vorgestellt haben, senden noch viele weitere Stimmen nahezu unaufhörlich ihre Kunstgedanken in gesprochener Form ins Netz. Deshalb folgt hier ein zweiter Teil mit eigenständigen Podcasts von Kunstliebhabern, Kunsthistorikerinnen, Kritikern und Medienschaffenden.

Von der Kunst und dem Leben handelt das Talk-Format ‹Die Leichtigkeit der Kunst›. Die beiden Podcasterinnen dahinter bezeichnen sich als «kunsthistorische Laien». Doch die Fragen, die sie mit einer erfrischenden Unbeschwertheit Personen aus dem Kunstfeld stellen, sitzen. Sie erkundigen sich zum Beispiel ‹Wie kaufe ich ein Bild?› oder gehen Sigmar Polkes – sich natürlich aufdrängenden Aussage – ‹Leicht kann jeder› auf den Grund. Folge für Folge eröffnen sie Einblicke in die persönlichen Werdegänge der Gäste, entlocken ihnen manch eine Künstler-Anekdote und zeigen sich auf sympathische Art fachlich durchaus versiert.

Im eingangs erwähnten ‹Good Point Podcast› diskutieren zwei Freunde mit einer Prise Humor über Kunst und Kultur. Das ebenfalls englischsprachige Format ‹Talk Art› schafft eine ähnlich informelle Gossip-Atmosphäre, in der ein Schauspieler und ein Galerist mit renommierten Kulturschaffenden sprechen. Klatsch und Tratsch faszinierten die als ‹The Jealous Curator› bekannte Macherin von ‹Art for your Ear› schon im Kunststudium vorrangig. Noch mehr davon liefern dementsprechend ihre Interviews mit Künstlerinnen und Künstlern.

Im «gechillten Kunst-Podcast» mit dem Titel ‹Kunststoff› erkunden zwei Kunsthistorikerinnen das Kunstfeld. Die Folgen über unterschiedliche Institutionstypen und Ausstellungen bleiben dank der Erörterung grundlegender Fragen bestimmt noch eine Weile interessant, obwohl das Format jüngst eingestellt wurde. Quer durch die Epochen erzählen sich zwei Studierende aus Österreich ‹Kunstgeschichten›. Kunsthistorikerinnen und -kritiker, die weiterhin mit ansteckender Begeisterung ihr Fach vermitteln, finden sich ausserdem – auf Englisch – unter ‹Art Curious›, ‹The Great Women Artists› oder ‹The Modern Art Notes› – oder im französischen Dialog-Format mit Akteuren des Kunstbetriebs ‹Le Bruit de l’art›.

‹Künstlerisch wertvoll› ist der Podcast von Jakob Schwerdtfeger, Comedian mit Kunstgeschichtsstudium. Bereits die Titel wie ‹Von Fussballbildchen zum Privatmuseum› oder ‹Eine Mischung aus Thomas Mann und Eminem› verleiten zum Schmunzeln. Für aufgeweckte Diskussionen sorgt ausserdem die Kunsthistorikerin und -vermittlerin Anke von Heyl, wenn sie in unregelmässigen Abständen mit ihrer Nichte unter dem Titel ‹Mimi im Museum› gemeinsame Museumsbesuche reflektiert. Krisenbedingt griff sogar die fiktive Figur ‹Jerry Gogosian› vergangenen Sommer zu Aufnahmegerät und Hörer – und rief reale Künstler, Galeristinnen oder Kritiker an.

Dem Grundsatz folgend, dass Museen nicht neutral sind, diskutiert ‹Museum Archipelago› institutionskritische Probleme an Orten weltweit. In kurzweiligen fünfzehn Minuten pro Folge werden diese rasch und verständlich auf den Punkt gebracht. Dabei kommen mögliche Lösungsansätze nicht zu kurz. Solche erforschen auch die ‹Museopunks› auf der Suche nach dem «progressiven Museum». In ‹The Conversation Art Podcast› bringt ein Künstler aus LA ebenfalls soziale und politische Themen aus US-amerikanischer Perspektive ins Gespräch.

Wohl kein Geheimtipp, aber auf keinen Fall zu vergessen ist der Output von Verlagen und Radiosendern, die damit schliesslich ihrem Metier nachgehen: Da sind die bekannten als Podcast nachhörbaren SRF-Sendungen ‹Kontext›und ‹Kultur kompakt› oder die Kulturreportage ‹Mikrokosmos› von Deutschlandfunk, die alle nicht ausschliesslich, doch regelmässig Kunst thematisieren. Der Monopol-Podcast führt ausführliche Hintergrundgespräche mit Autorinnen des Kunstmagazins und weiteren Gästen. ‹Was macht die Kunst?› fragt auch die Chefredaktorin der ‹Weltkunst› Lisa Zeitz einmal im Monat eine Persönlichkeit aus der Kunstwelt. Zumeist mit Bezug auf das aktuelle Weltgeschehen diskutieren ‹The Art Angle› (von Artnet) oder ‹Hyperallergic›. Das ‹Frieze›-Magazin wiederum wirkt mit einer historisch breit gefassten Perspektive in ‹Bow Down: Women in Art› der Unterrepräsentation weiblicher Künstlerinnen in der Kunstgeschichtsschreibung entgegen.

Während sich die Podcasts in ihrer Machart und Informationsdichte voneinander abheben, orientieren sie sich insgesamt doch stark an aktuellen Ausstellungen und gesellschaftlichen Entwicklungen. Sich oft überschneidende Themen werden auf unterschiedliche Weisen erläutert. Ihre Vielzahl ist also kein Grund zur FOMO («Fear of Missing Out») – sondern bringt hoffentlich ein passendes Format auf jedes Ohr.

Autori

Details Nome Ritratto
Irène Unholz