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Klodin Erb, Pierre Haubensak, Jamie Isenstein, Sebastian Utzni

Die Ausstellung Four Rooms: A Floating World versammelt in vier Räumen vier Positionen von zwei Künstlerinnen und zwei Künstlern der Galerie. Die Schau ist sowohl in thematischer als auch technischer Hinsicht sehr vielfältig: In ihr werden alle künstlerischen Verfahren Malerei, Zeichnung, Installation, Skulptur und Druckgraphik berücksichtigt und unterschiedliche Fragestellungen thematisiert.

 

Sebastian Utzni zeigt im ersten Raum neue Holzschnitte, die an die Tradition der Landschaftsdarstellungen des japanischen Holzschnitts im 18. und 19. Jahrhundert anknüpfen. Die sechs großformatigen Grafiken stellen Landschaften dar, von denen einige auf den ersten Blick vertraut erscheinen – doch der Eindruck täuscht. Wie der Titel Conflict Landscapes erahnen lässt, besitzen die idyllischen Berg- und Flusslandschaften eine weitere Dimension. Die Serie zeigt Orte, an denen Erze abgebaut werden, die in unserer Gesellschaft für die Fertigung von Elektrogeräten, insbesondere Computern und Mobiltelefonen benötigt werden. Die Herstellung und der Abbau dieser Stoffe findet in vielen Fällen illegal und ausserhalb staatlicher Kontrolle statt. Für die Gewinnung der umkämpften Stoffe werden oft Menschenrechtsverletzungen in Kauf genommen. Besonders die weltweite Förderung von Kassiterit, Coltan, Gold und Wolframit findet in Konfliktregionen statt, weshalb diese Rohstoffe auch als Konfliktmaterialien bezeichnet werden. Gegenden, in denen die Kontrolle von diesen Ressourcen ein zentrales Element der Macht darstellt, sind vor allem der Osten des Kongo (Nord-Kivu, Süd-Kivu) und die angrenzenden Länder Ruanda, Uganda und Burundi. Die Serie der Conflict Landscapes zeigt Ansichten rund um den Kivusee, in denen Konfliktmaterialien abgebaut werden. Die Vorlagen der Holzschnitte stammen aus der digitalen Welt des Internets. Sie sind im Spektrum CMY, ohne K, gedruckt, das in der digitalen Druckproduktion Standard ist, wurden aber aufwendig von Hand hergestellt und nach alter Tradition auf Japanpapier gedruckt. Die Grafiken der wunderschönen, unberührt wirkenden Landschaften machen auf den Ressourcenverbrauch unserer Gesellschaft aufmerksam und thematisieren dabei die weltweiten Verknüpfungen und Abhängigkeiten.

 

Im zweiten Raum zeigt Pierre Haubensak Bilder aus der Serie der Tetras. Diese Folge begann er 1988 und führte sie bis 2008 fort. In den jeweils in vier gleichgrosse Rechtecke unterteilten Leinwänden lotet Pierre Haubensak die Möglichkeiten der Malerei aus. Durch die Unterteilung der Leinwand in vier Farbfelder nimmt er seine Arbeit ins Visier. Wichtig ist, dass die Helldunkel-Abstufung stets diagonal versetzt ist. Dies verleiht den Bildern einen Dreheffekt, der demjenigen eines Windrades verwandt ist. Tiefenwirkung erzielt Pierre Haubensak durch die Farbwahl und die Faktur des Auftrags in den jeweiligen Feldern. In den Tetras erzeugt er einzig durch die Farbwahl und -auftrag völlig unterschiedliche Stimmungen. Offene, lasierende Farbstellen, die die Unterfarbe erkennen lassen, wechseln sich mit beinahe opaken, dichten Flächen ab, wobei er komplett geschlossene Flächen nicht an offene Formen stossen lässt, sondern stets eine ausgewogene Farbkomposition anstrebt. Dabei verrät Pierre Haubensak in der Farbwahl und im Duktus seine starke Verbundenheit mit der europäischen Maltradition, von Courbets erdigen Ockertönen bis Monets zarten Rosaklängen über Corot’s Blau. Er ist ein eminenter Europäischer Maler, dessen Bilder Welten eröffnen.

 

Klodin Erb stellt im dritten Raum die neue Werkgruppe Flowers for Sale aus. Dabei handelt es sich um verblüffende Blumenbilder, die sich erst in der genauen Betrachtung dem Publikum erschliessen und auf den Ausverkauf der Natur anspielen. Die Bilder sind alle auf plastifizierten Tischtüchern entstanden, deren Motive Klodin Erb kunstvoll weiterführte, veränderte oder ihnen neue Elemente hinzufügte. Die gedruckten Vorlagen wurden von ihr unterschiedlich stark überarbeitet. In einigen Bildern ist der florale Untergrund kaum mehr erkennbar, dermassen wurde die Vorlage unkenntlich gemacht, in anderen wiederum sind die gedruckten Farben und Zeichnungen deutlicher und wesentlicher Bestandteil der Bildfindungen. Klodin Erb geht mit diesen verschiedenen Wirklichkeitsebenen – dem artifiziellen gedruckten Plastikgrund und ihren eigenen subtilen malerischen Setzungen – auf souveräne Weise um. Sie durchquert mit sicherem Gespür die verschiedenen Realitätsebenen. Verstärkt wird dieser Eindruck einer Welt in fliessender Erscheinung durch das von Klodin Erb gewählte Arrangement der einzelnen Bilder auf unterschiedlicher Hängehöhe, die von einer silbrig changierenden Wandmalerei mit weiteren Blumenmotiven zusammengehalten wird. Natur ist das übergreifende Thema. Sowohl in der Motivwahl als auch im malerischen Duktus lassen sich Querbezüge zu ihren früheren Werkgruppen herstellen. Wie immer ist bei Klodin Erb die Malerei auf dem Prüfstand: Sie findet eine Form, wie sich die Malerei, in diesem Fall in der Gattung des Blumenbildes, in der digitalen Gegenwart behaupten kann.

 

Im vierten Raum hat Jamie Isenstein ein Interieur mit surrealistischen Elementen bestückt. Zentrale Arbeit im Raum ist eine Harfe, in der sie in einer Performance während der Art Basel im Juni 2011 ein Muster in die Saiten hineingewoben hat. «Ich stelle mir die Harfe wie einen Webstuhl vor, in den ein Teppich eingewebt ist, so dass die Harfe keinen Klang erzeugt, sondern ihren Klang verliert, während ich sie "spiele" (webe)». Der Titel Rug Woogie IV bezieht sich auf das Mondrian-Bild Broadway Boogie Woogie – ein Bild, das auf das Straßennetz in New York City und den Verkehr als Boogie Woogie anspielt, was natürlich eine Art von Tanz und Musik ist. «In meinem Titel habe ich das Wort "Woogie" verwendet, um mich sowohl auf meine Performance zu beziehen, bei der ich die Harfe als eine Art Boogie-Woogie-Tanz gefertigt habe, als auch ironischerweise auf die Tatsache, dass es sich jetzt um eine stumme Harfe handelt und nicht um eine musikalische.» Innerhalb der Performance stellte sie, wenn sie nicht an der Harfe webte, das Schild, Intermission auf. Ergänzt wird die Harfe mit filigranen Aquarellen, die auf surreale Weise auf Dinge des häuslichen Alltags und auf Musik verweisen und von der US-Künstlerin im nach hinein als eine Allegorie auf ihr Land gesehen werden. Vier Darstellungen von Händen, die unterschiedliche Glühbirnen halten, erinnern die Künstlerin an die Hand der Freiheitsstatue, die die Fackel hält. Die Zeichnung von Händen mit Trommelstöcken ist mit einem Topf gepaart, weil beide Elemente häusliche und musikalische Assoziationen wecken. Darüber hinaus erinnert die selbstgemachte Trommel Jamie Isenstein an die Proteste, da das Land zunehmend gespalten ist und die Politik in die Häuser und private Sphäre der Alltagsamerikaner eingedrungen ist . Ein hoch gehängter, schwarzer Bewegungsmelder gemahnt an die ständige Überwachung, und der Feuerkorb ist ein weiteres, allegorisches Porträt der USA. Ein blauer Haarföhn und eine Trompete bilden ein Paar, das zueinander weist, als wollten sich beide Lärmquellen gegenseitig übertönen. Zwei Besen, die in Kerzenständer stecken ergänzen die Bildergruppe. Ihre Inspiration stammt aus dem Film Der Zauberer von Oz, in dem die Hexe ihren Besen benutzt, um die Vogelscheuche in Brand zu setzen, aber am Ende ist das der Grund, warum Dorothy sie mit einem Eimer Wasser tötet, so dass hier mit den Besen als Kerzen die Bedrohung durch das Feuer eingedämmt wird.

 

Die Ausstellung in den vier Räumen fordert vom Publikum, seine Sehgewohnheiten und vorgefassten Meinungen in einer fließenden Welt zu hinterfragen. Jeder der vier Räume setzt mittels der gezeigten Arbeiten unterschiedliche auch politische Akzente und eröffnet verschiedene Welten, die von den Besucherinnen und Besuchern entdeckt werden können.

 

Infos

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