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Jahn und Jahn freuen sich außerordentlich über die erste Einzelausstellung von Albert Oehlen. Seit über 30 Jahren ist er in seiner fortwährenden Befragung dessen, was Malerei war, ist und heute oder vielleicht morgen noch sein könnte einer der international prägendsten Maler. Mit vollem Risiko überschreitet er sämtliche Grenzen von ästhetischer Konvention, ›gutem Geschmack‹, gegenständlicher Lesbarkeit, autonomer malerischer Entfaltung und folgt einem »tief innen sitzende[n]« Bedürfnis nach Freiheit: »Das Wort ›Freiheit‹ verbietet man mir ja immer, aber ich benutze es trotzdem. Irgendwie ein romantisches Wort, veraltet, aber doch ein schönes Wort.«

Für München hat Oehlen sieben monumentale Papierarbeiten geschaffen sowie eine feinsinnige Auswahl aktueller Collagen und Zeichnungen zusammengestellt. Bewusst bewegt er sich auf der Höhe der Zeit und seinen Bildern gelingt es, »einen solchen Lärm wie die Welt der Gegenwart« zu machen, wie Rainald Goetz bemerkte. Und wir sehen harsch ausgeschnittene Bruchstücke aus Werbeplakaten, Fragmente des ›Image‹ einer globalisierten Warenwelt. Grell schreiende, verführerische oder auf rührende Weise um Hipness bemühte Logos, Slogans und trigger words, die als unbehauste Start-up-Fantasien (»Roomster«) oder nostalgisches Re-Branding (Miele) allesamt gegenwärtig sein wollen («Style«), einschließlich Mobilität (»IVECO«), Telekommunikation (»Orange«) und verlässlich solider Skandale (»VW«). Tagesaktuell proklamierte und ebenso schnell wieder abgewickelte Weltbilder, die zuletzt »keinen Trost, keine Träume« mehr kennen oder einfach nur noch »ultra-stumpf« sind.

Albert Oehlen aber denkt in Gegensätzen, immer schon. Wie viel will man schließlich in dem, was vordergründig »als Repräsentatives da ist«, erkennen? Oder »von sich weghalten«? Still und zunächst unscheinbar ist die visuelle Lautstärke der Werbebotschaften ausgestrichen, übermalt und überzeichnet, ihre makellose Glätte mit Schrunden, Kerben und Verwischungen zerbrochen. Oehlen geht es nach wie vor um »handgemachte Malerei«. Eine Malerei allerdings, die ausdrücklich um ihr Gegenteil weiß und es dabei spielend aushebelt. Gegenwart, aber … Darin besteht ihre ›Gegenwärtigkeit‹. Was heute nur fast schon wie Melancholie klingt. Also doch noch ein wenig Trost und zart verästelte Träume? Hoffentlich. So dass die Werke »gleichzeitig abstrakt und repräsentativ« sein können und bei aller Kritik und zynischen Härte über die bloße Gegenwart hinausreichen, wie die »Bäume«, die sich auch auf ihnen entfalten. Wenn »man diese minimale Regel beachtet«, sind es wirklich Bäume: »Wenn man sagt, da ist in der Mitte etwas Verdicktes und nach außen wird es dünner, da streben Striche davon weg, ist es ein Baum. Und wenn man auf einen der Baumäste guckt, sieht man auch, dass der sich einiges einfallen lässt. Und so habe ich das Repräsentative erfüllt, kann auf der anderen Seite dem ›Auftrag desabstrakten Künstlers‹ gerecht werden und möglichst seltsame Linienführung stattfinden lassen.« Denn ist es nicht die digitalisierte Welt der Waren, die ihm »beim Malen hilft«, sondern ganz im Gegenteil könnte es sein, dass Albert Oehlen malend gerade mit dieser verqueren Linienführung eindrückliche ›Hilfestellungen‹ bietet beim Verstehen der Bilder und Images unserer Gegenwart.

Albert Oehlen 1954 geboren in Krefeld. 1978–1981 Hochschule für Bildende Künste, Hamburg (Klasse Sigmar Polke). 2000–2009 Professor, Kunstakademie Düsseldorf. Lebt in der Schweiz. Seit 1979 zahlreiche Einzelausstellungen und Werke in öffentlichen Sammlungen, u.a.: Boymans van Beuningen, Rotterdam. Carré d’Art, Nîmes. Centro de Arte Reina Sofia, Madrid. Cleveland Museum of Art, Cleveland. De Appel, Amsterdam. Deichtorhallen, Hamburg. Galleria d’Arte Moderna, Bologna. Guggenheim Bilbao. ICA Institute of Contemporary Art, London. Kestnergesellschaft, Hannover. Kunsthalle Basel. Kunsthalle Zürich. Kunstmuseum Bonn. Kunstsammlung Nordrhein Westfalen, Düsseldorf. Kunstverein Reutlingen. LACMA Los Angeles County Museum of Art, Los Angeles. Musée d’Art Moderne de la Ville, Paris. Museo Nacional de Bellas Artes, Havanna. Museum Brandhorst, München. Museum Folkwang, Essen. Museum Ludwig, Köln. Museum Wiesbaden. Neue Galerie Gladbeck. New Museum, New York. Renaissance Society, Chicago. Städel, Frankfurt am Main. Whitechapel Gallery, London.

Christian Malycha

 

 

 

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Albert Oehlen

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Galerie Jahn und Jahn
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München
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