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Zeichnen ist nicht allein eine Kunstform. Es ist Modus des Denkens. Ein Blick in die Wissenschaftsgeschichte genügt: Sogar der strenge Pragmatiker C.S. Peirce nutzte trotz ausgesprochener Kunst-Abneigung die Zeichnung, um seine Gedanken zu gestalten. Solche Zweck-Zeichnungen sagen bei allem Utilitarismus viel über den Bezug zwischen Denken und Formen. Sie bilden die Basis für den «Atlas du temps présent» der französischen Künstlerin Claire Malrieux. Ursprünglich als Bildhauerin ausgebildet, später in kooperativen Künstlerprojekten aktiv und seit 2005 überwiegend mit digitalen Werkzeugen in Geschichte, Forschung und Fiktion unterwegs, hat sie sich 2012 international an Vertreter von Human-, Natur-, sogar okkulten Wissenschaften gewendet, um Zeichnungen gebeten. Mehr als vierzig haben geantwortet, teils mit mehreren Beiträgen. Die Zeichnungen sind Rohmaterial für Malrieux: «Oft Handzeichnungen, selbst wenn die Forschungen ganz computergestützt sind.» Seit Januar 2014 übernimmt sie teils direkt, teils zeichnet sie nach, was sie erhalten hat. Dann übergibt sie die «primitiven Linien» einem Algorithmus. Der fügt daraus Zeichnungen zusammen. Jeden Tag eine. Jeden Tag eine andere. Zu sehen sind die Landschaften zeitgenössischen Denkens in einem ihnen eigenen Raum: dem digitalen. Eine eigens eingerichtete Website zeigt das Wachstum der wolkigen Zeichnungen. Die Resonanz zu Aby Warburgs «Atlas Mnemosyne», mit dem dieser das Nachleben symbolischer Formen darstellte, ist gewollt. Malrieux’ kooperatives Projekt erzählt, wie Denkgestalten, selbst bereits durch den Computer beeinflusst, im Digitalen weiterleben. Theoretisch unbegrenzt: «Wann das Projekt endet, ist noch nicht entschieden.»

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Digital Art
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Claire Malrieux