«Kunstmaschinen - Maschinenkunst» in der Schirn Kunsthalle

Roxy Paine · SCUMAK No. 2 (Auto Sculpture Maker), 1998-2001, Aluminium, Computer, Förderband, Elektronik, Kühlsystem, Teflon, Extruder, rostfreier Stahl, Polyethylen, ca. 228,6 x 701 x 185,4 cm, Foto: Greg Holm, © James Cohan Gallery, New York; Roxy Paine

Roxy Paine · SCUMAK No. 2 (Auto Sculpture Maker), 1998-2001, Aluminium, Computer, Förderband, Elektronik, Kühlsystem, Teflon, Extruder, rostfreier Stahl, Polyethylen, ca. 228,6 x 701 x 185,4 cm, Foto: Greg Holm, © James Cohan Gallery, New York; Roxy Paine

Besprechung

Wunderschöne Zeichnungen, die ganz automatisch entstehen. Skulpturen und Plastiken am laufenden Band. Obendrein lässt sich nicht nur der Entstehungsprozess mitverfolgen, sondern so manches vollendete Werk mit nach Hause nehmen. Kunst im Prozess, kombiniert mit «Kunst für Alle» - das kommt nicht nur bei den jüngeren Besuchern an. Oder drängen sich die Grossen eher deshalb um die «Beautiful Drawing Machine», weil sie Blatt um Blatt einen Damien Hirst fürs Eigenheim produziert?

«Kunstmaschinen - Maschinenkunst» in der Schirn Kunsthalle

Das ist - auf ein Beispiel konkretisiert - bereits die Gretchenfrage dieser Schau. Denn dass es sich bei den Maschinen selbst, von Künstlerhand konstruiert oder mindestens nach den Entwürfen der beteiligten Künstlerinnen und Künstler gebaut, um Kunstwerke handelt, wird niemand bezweifeln. Aber wie sieht es mit dem aus, was sie in die Welt entlassen?
Als Jean Tinguely - der als Doyen der modernen Automatenkünste mit seinen Arbeiten das historische Herzstück der Ausstellung bildet - Mitte des letzten Jahrhunderts seine fleissig kritzelnden und klecksenden Méta-Matics bastelte, war das durchaus als humorvolle Attacke auf das klassische Bild vom Künstler gedacht, dessen Handschrift allein Garant für den Wert eines Kunstwerks ist. Allerdings machten seine Kunstmaschinen nicht nur den damals gefeierten Malern des Informel Konkurrenz. Sie legten es auch nahe, für ihren Schöpfer nach einem alternativen Rollenbild Ausschau zu halten: dem des nicht minder genialen Bastlers und Konstrukteurs.
Genau dies verbindet auch das Gros der in Frankfurt versammelten Kunstmaschinen miteinander. Sicher gibt es da jene, die sozusagen auf Knopfdruck produzieren. Ob sie nun selbstgenügsam mit sich beschäftigt sind wie Rebecca Horns Tinte spritzende «Brautmaschine», Steven Pippins einander ablichtende Kopierer und Jon Kesslers Videoinstallation «Desert», deren romantische Sonnenuntergänge sich einer schlichten Kombination aus Walze, Plexiglasscheibe und Lichtquelle verdanken, auf die eine Überwachungskamera gerichtet ist. Sich dabei sogar ökologisch nützlich machen, wie Tue Greenforts «Mobile Trinkglaswerkstatt», 2007. Ob sie vollautomatisch Skulpturen aus Kunststoffmasse in Serie aufs Fliessband drücken, die - weil keine der andern gleicht - später durchaus als Einzelstücke durchgehen dürften. Oder passgenau ein Ebenbild des Künstlers nach dem anderen in die Welt setzen, das zudem als Flasche funktioniert, wie Pawel Althamers «Extrusion Machine», 1992/2007. Zwar erfolgt der entscheidende Anstoss mitunter noch von Menschenhand, wenn es wie im Fall von Damian Hirsts «Zeichenmaschine» die Farben auszuwählen und aufzutragen gilt, die sich dann, von Zentrifugalkraft beflügelt, zu konzentrischen Ringen ordnen. Doch nicht von ungefähr liegt selbst hier ein Stempel bereit, mit dem man die ausgedruckten Ergebnisse als «Original» ausweisen kann. Noch die klügste Kritik am Autorschaftsprinzip vermag jene Instanz nicht gänzlich auszuhebeln, die nach wie vor entscheidet, ob etwas als Kunst angesehen wird: Es ist Legitimation durch die Institutionen, die - fast automatisch - nach ganz traditionellen Mechanismen funktioniert.

Until 
26.01.2008

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