Ein Strauss von Geschichten und Assoziationen
Mal verführen sie mit barock aufgemotzten Waschmittelverpackungen, mal versehen sie Handtäschchen mit einem Putendesign, mal hängen sie Diskursfetzen an Wäscheleinen aus oder bieten auch Malereien an, die über jedem Sofa entzücken. Wo Copa & Sordes (alias Birgit Krueger & Eric Schmutz) ihre Hände im Spiel haben, kommt die Welt in Spitzen und Rüschen daher. Im freundlichen Geknister des Stoffs aber vernimmt das Ohr manch kleine Geräusche, die sich wie Fragezeichen ans Bewusstsein haken.
Ein Strauss von Geschichten und Assoziationen
Ein Angebot von Copa & Sordes
In der Arbeit von Copa & Sordes kommt dem Stillleben eine zentrale Beduetung zu: Es wird stets live inszeniert, meist nach Vorbildern aus der Kunstgeschichte – ein Videofilm dokumentiert dann die kleinen Veränderungen in der Zeit. Im vergangenen Dezember haben sich Copa & Sordes mit Annina Zimmermann (*1967, freie Kuratorin), Markus Schwander (*1960, Künstler) und Samuel Herzog (*1966, Kunstjournalist) um ein solches Stillleben versammelt und versucht, sich vorsichtig durch das süsse Angebot aus Datteln, Mandarinen, Zimtsternen und Schokolade an die kleinen Fragezeichen in der Geschichte heranzukauen. Das kalorienhaltige Videoband ist Teil der aktuellen Ausstellung von Copa & Sordes in der Galerie Patrik Fröhlich – hier ein paar Auszüge daraus.
Annina Zimmermann: Also ein wenig Dekadenz braucht es ja für ein Stillleben. Zuerst musst du es herstellen, bevor du es zerstörst. Es braucht ein bisschen offene Schalen, verrottete Früchte, menschliche Spuren – ganz unangetastet ist es nicht.
Birgit Krueger: Ihr könnt auch etwas improvisieren, Dinge verrücken, wenn ihr ein ästhetisches Bedürfnis habt.
Samuel Herzog: Und schon ist die Falle offen. Eure Sachen haben ja eine primär angenehme Oberfläche. Ich werde so allmählich zu diesen Gemeinheiten gebracht, die ja auch darin lauern, diesen Spitzen. Eigentlich geschieht das immer mit Mandarinchen und Nüsschen – im übertragenen Sinn.
AZ: Und das lockt dich?
SH: Ja, das hat etwas Verführerisches.
Eric Schmutz: Heisst das auch, du musst dich nicht anstrengen?
SH: Kunst ist immer anstrengend.
Markus Schwander: Die freundliche Kunst bemüht sich ja, mit dem Publikum Kontakt aufzunehmen. Ihr habt vor einem Jahr in der Kunsthalle Basel diese Teestunde abgehalten, die Besucher mit Tee und Süssigkeiten verführt. Ihr versucht auf eine lockere und ironische Art, die Leute an einen Punkt zu bringen, wo es dann ernst wird.
AZ: Es geht oft auch darum, was erlaubt ist, wo es peinlich wird, wo nicht, auch ästhetisch. Ihr arbeitet euch zum Beispiel am Thema Kitsch ab – dabei haben euch andere Künstler längst links überholt.
SH: Es ist aber kein konfrontativer Kitsch – es ist nicht so, dass man schockiert ist.
AZ: Nein, beides ist hörbar, Bewunderung und auch Verbot. Dabei sind eure Motive ja oft sehr pompös: Man erwartet einen riesigen Sinnbalast – dann ist es aber eine Banalität, der man begegnet.
SH: Aber das ist doch das Problem, das wir alle haben. Wir erheben Anspruch auf diesen Sinn, der am Schluss irgendwie aufgehen muss.
BK: Euch fehlt also der letzte Sinn in unserer Arbeit.
AZ: Nein. Ich denke, ihr konzentriert euch auf anderes. Ich stosse vor eurer Arbeit gar nicht auf den Inhalt, sondern verweile bei der Art, wie Ihr den Rahmen herstellt. Wenn ihr in ein klassisches
Theater geht, dann interessieren euch wohl der Vorhang, der Bühnenaufbau, die Maske – aber das Stück, das aufgeführt wird, ist irrelevant.
ES: Ich würde es anders formulieren: Es ist nicht ein Stück, das aufgeführt wird, sondern in demselben Dekor werden verschiedene Stücke gespielt.
AZ: Aber euer Interesse ist es nicht, mir diese Stücke zu erzählen.
BK: Es geht sicher nicht darum, etwas zu kanalisieren. Es geht eher um einen ganzen Strauss von Geschichten und Assoziationen, um ein Netz von Dingen, die auch noch drinstecken könnten. Unsere Bilder haben kein Zentrum – dafür aber jede Menge Nebenhandlungen.
MS: Mir kommt das vor wie modernistisches Theater, das alte Stücke mit neuen Requisiten aufführt – Mobiltelefone bei Shakespeare etc. Die einen mögen das, andere lehnen es ab – für die Geschichte aber ist es eigentlich unwichtig. Trotzdem ist es bei euch anders: Ihr führt ja nicht wirklich etwas wieder auf, so wie Musiker, die interpretieren, sondern ihr setzt es neu zusammen. Ihr folgt also einem System, das man in den achtziger Jahren «postmodern» genannt hat. Damit man Bedeutung überhaupt erkennt, muss etwas kanalisiert werden. In eurer Arbeit setzt sich für mich die Bedeutung vor allem über die Farbe zusammen.
AZ: Die Farbe schafft auch eine Wiedererkennbarkeit. Ihr verwendet ganz gezielt Farben, welche eure Geschmackstabus verletzen. Und das ist mein Problem: Es fällt mir manchmal schwer, das als Tabu zu akzeptieren. Eine richtige Herausforderung wäre es jedoch erst, wenn man solche Farben ohne Ironie im Alltag einsetzen würde. Man muss ja die Krone erst tragen, damit einem da ein Zacken rausfallen kann.
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