Ausstellungsaufnahme NCCA, Kaliningrad, 2017; mitte: Installation von Yves Netzhammer. Foto: Artem Kilkin
Kaliningrad — Unsere Welt ist derzeit gespickt mit vielen Feindbildern. Eine Wanderausstellung (2014 bis 2018) von Frank Eckhardt, Direktor Motorenhalle Dresden, und Andrea Domesle, in Basel lebende freie Kuratorin wirkt als Korrektiv. Die Ausstellung umfasst ein breites Spektrum unterschiedlichster künstlerischer Strategien, die anhand des Ersten Weltkriegs zeigen, wie prägend Geschichte bis in die Gegenwart ist. Sie evozieren bei den Besuchern Fragen zu Erinnerung, Geschichtsdarstellung und der eigenen Verantwortung.
Die Station im NCCA in Kaliningrad zeigt einige Kunstwerke, die zuvor in Dresden, Wien bzw. Ústí nad Labem zu sehen waren. Damit verweist sie auf die Perspektive der anderen Nationen, die durchaus divergierend sind. Neue Schwerpunkte kamen hinzu. Die militärische Vergangenheit des Gebäudes bot Anlass, in den Erzählungen der Künstler militärische Situationen hervorzuheben. Künstler wie Karen Geyer, Martin Chramosta, Group San Donato regten die Kuratoren an, sich direkt mit der Geschichte der Region, des ehemaligen Ostpreußens und des einst umkämpften Königsbergs auseinanderzusetzen. Die aktuelle Situation des Gebäudes zwischen Renovation und Zerfall, inspirierte zu geschickt inszenierten Installationen von Axel Töpfer & Jo Preussler, ETAGE, Olga Alia Krulišová & Jana Mořkovská welche den Ausstellungsrundgang zu einem synergetischen Erlebnis werden lassen und die Frage aufwerfen: Kann man Krieg entfliehen? Bietet die Kultur wie Suprematismus, so Versuche von Yury Vassiliev und Yves Netzhammer, oder der Autorenfilm Fluchtorte an?
Dass eine Stationen wie Kaliningrad überhaupt zu Stande kam, erscheint in unserer Zeit der sich verhärteten Fronten fast wie ein Wunder. Insbesondere in der Person von Andrea Domesle manifestiert sich eine neue Kuratorengeneration, die Harald Szeemanns Methode der Feldrecherche in länderübergreifende Zusammenarbeit transformiert hat.