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Werkschau 2023 — Esther Kempf

Schon zu Beginn von Esther Kempfs Ausbildung spielte räumliches Denken und Arbeiten eine zentrale Rolle. Nach einem Jahr Szenografie-Studium an der Gerrit Rietveld Academie in Amsterdam wandte sie sich der Bildenden Kunst zu. Das gab ihr die Möglichkeit, ihre eigene Bildsprache und Inhalte zu entwickeln. Dazu trugen auch die zahlreichen Werkstipendien nach ihrem Studienabschluss in verschiedenen Städten wie Rosario, Paris, São Paulo und Québec City sowie ihre diversen nebenberuflichen Tätigkeiten bei. Esther Kempf engagiert sich in der Kulturbranche in unterschiedlichen Bereichen, als Filmschaffende arbeitet sie als VJ fürs Literaturfestival Zürich, als gelegentliche Eventorganisatorin und Mitarbeiterin für die Stipendienausstellung der Stadt Zürich im Helmhaus.

Esther Kempf ist eine Künstlerin, die Räume erforscht und verbindet, deren Geschichte und Gegenwart vereint. Ihre künstlerische Praxis zeichnet sich durch ortsspezifische, installative und experimentelle Ansätze aus, die auf einem Zusammenspiel von Raum und Konzept basieren. Ihre Herangehensweise ist geprägt von einer tiefgründigen Verbindung zu architektonischen Strukturen, Eigenheiten und Geschichten eines Ortes. Die Arbeitsmaterialien wie Holz und Alltagsgegenstände sind schlicht und zugänglich. Lose sammelt Esther Beobachtungen von alltäglichen Begebenheiten, umkreist und erforscht diese aus unterschiedlichen Perspektiven, bevor sie die gedanklichen Fäden zu Projekten verwebt und die Ideen schliesslich in den Raum transportiert. So charakteristisch die konzeptuellen Aspekte in Esther Kempfs Schaffen sein mögen, so essenziell ist es für die Künstlerin, dass sie ihre Ideen und Gedanken praktisch erproben und in den physischen Raum übertragen kann. Ganz selten sieht ein Werk in der Ausstellung so aus, wie sie es sich zu Beginn des Projekts vorgestellt hat. Zudem würde sie eine Ausführung ungerne in Auftrag geben, da dadurch der direkte Bezug zum kreativen Prozess verloren ginge.

Angestossen vom Gründungsmythos von Karthago begab sich Esther vor einem Jahr auf Recherchereise nach Tunesien. Die mythische Erzählung dreht sich um die phönizische Prinzessin Dido, die Land für sich und ihre Gefolgschaft vom örtlichen Herrscher in Karthago erbat. Durch geschicktes Schneiden einer Ochsenhaut in viele dünne Streifen gelang es ihr, ein grösseres Stück Land abzustecken. Die von Dido mit der Ochsenhaut abgesteckte Fläche entspräche ungefähr der minimalen Quadratmeterzahl, die gemäss den Nelson-Mandela-Regeln jedem Gefangenen zustehen sollte.

Das Thema der Raumaneignung und Expansion zieht sich durch fast alle Arbeiten von Esther Kempf. Sie stellt Fragen nach der Ausdehnung und Verkleinerung des Raums, sowohl physisch als auch symbolisch. Dies führte die Künstlerin dazu, ehemalige Gefangene in Tunesien zu interviewen und zu untersuchen, wie diese mit dem begrenzten Raum umgehen – physisch sowie mental. Die Reflexionen über Begrenzungen und Möglichkeiten der Erweiterung wurden mit Fragen zu Erinnerungen an den sehr spezifischen Raum ihrer Gefangenschaft und dessen Wahrnehmung ergänzt. Bei der Begehung der Ausstellungsräumlichkeiten im Vorfeld der Werkschau im Haus Konstruktiv kamen ihr beim Anblick der beiden Kabinette im dritten Stockwerk ein Interview und diese Quadratmeterzahl in den Sinn. Zwischen der im Interview beschriebenen Zelle und dem Ausstellungsraum gibt es grosse Ähnlichkeiten. Eine ehemalige Gefängnisinsassin hat ihre Zelle in einer Zeichnung festgehalten. Davon ausgehend stellt Esther Kempf diese in der Werkschau 1:1 nach und möchte damit die entsprechenden räumlichen Erfahrungen in einer multimedialen Installation erlebbar machen. Es wird spannend sein zu sehen, wie Esther Kempf diese Installation, die sie in ihrem temporären Atelier in einem ehemaligen Tennisclub in Dübendorf entwickelt hat, in die kühlen und grossen Räume des Haus Konstruktiv übertragen wird. 

Esther Kempf
2001-02           Basisjahr, Gerrit Rietveld Academie, Amsterdam
2002–03           Studium der Szenografie, Gerrit Rietveld Academie, Amsterdam
2003–05           Bachelor of Fine Arts, Gerrit Rietveld Academie, Amsterdam

Institutions

Title Country City Details
Museum Haus Konstruktiv
Switzerland
Zürich
Zürich

Artist(s)

Details Name Portrait
Esther Kempf

Author

Details Name Portrait
Vivianne Tat

Exhibitions / Events

Title Date Type City Country Details
Werkschau 2023 - Exhibition Zürich Switzerland
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Exhibition
Zürich
Switzerland