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Werkschau 2023 — GIGAX

Kaum angekommen, empfängt mich auch schon eine heitere Stimme: «Komm doch rein!» Es folgt eine herzliche Umarmung und innert Sekunden stehen wir inmitten eines winzigen Ateliers. «Ooooh, wie süss!», platzt es aus mir heraus, beim Blick auf ein neckisches Wuschelmonster mit breitem Grinsen. Trotz angsteinflössenden Krallen und Beisserchen chillt es so seelenruhig an der Wand, dass es wohl keiner Fliege etwas zuleide tun kann. So auch der masturbierende Oger, der zwar nur eine Handbreite misst, dafür aber eine gewichtige Präsenz ausstrahlt. Weitere Biester unterschiedlichen Alters und aus verschiedensten Materialien bevölkern den Raum. Dazwischen stapeln sich kleinste Tiefdruckplatten von drei bis sechs Zentimetern, die mich aufgrund ihrer enormen Präzision ins Staunen versetzen. Mit nur wenigen, gezielten Strichen und Akzenten werden hier grenzenlose Imaginationsräume geschaffen, die nur so wimmeln von quietschbunten Mischwesen. Fest steht, dass dieser Ort fernab von Google Maps liegt. Es ist vielmehr ein Ort, wo die Wilden regieren und Fantasie die Währung ist.

Mein Blick trifft auf Mare Tenebrosum. Das Werk ist noch im Werden, doch der Titel verrät es schon: Vor einem harlekinischen Hintergrund sprudeln Monster aller Art, mal finster-frech, mal unbeholfen-niedlich oder düster-drollig aus einem Tiefseegraben empor. Sie streben einer lichter werdenden Himmelsphäre entgegen, durch die ein Luftschiff pflügt. Die Geschöpfe blicken uns mit klaren, offenen Augen entgegen. Forsch. Frech. Fordernd.

«Ah, seit März beisse ich mir die Zähne an dem Bild aus», stöhnt Cecy, deren Pseudonym GIGAX lautet. Warum eigentlich GIGAX? «Es war einmal eine Schildkröte namens GIGAX», beginnt Cecy und führt aus: «Die Schildkröte begleitete das Kind, aus der einmal eine kunstschaffende Person werden sollte, bis sie irgendwann, in einem fernen Land auf und davon hüpfte und sich entschied, ein neues Leben anzufangen.» Der Verlust beschattet Cecys Herz bis heute, und somit entschied sie sich, den Namen ihres einstigen Weggefährten anzunehmen: GIGAX ward geboren.

GIGAX zeichnet vor allem mit Holzkohle, farbiger Kreide auf Karton oder mit Tinte auf Papier. Wie ein Schwamm saugt GIGAX so ziemlich alles aus der Kunst auf, das die Kulturindustrie an Film und Print hervorbringt. Ihr Wesen wird dabei zu einem fantastischen Universum unerschöpflicher Inspirationsquellen. Die fabelschönen Bilderwelten schimmern bizarr-grotesk, wunderlich-fremd und fröhlich-schaurig zugleich, mitunter auch abstossend-eklig. Das Ungebändigte kann auch ein tiefes Unbehagen auslösen, auch wenn auf Seiten der Monster die Neugierde dominiert. Die fantasievollen Kreaturen möchten eine Verbindung zum Menschen aufbauen. Sie möchten gesehen und gehört werden und mit uns interagieren. GIGAX sagt dazu nur: «Ich empfinde pure Freude beim Zeichnen. Pure Freude!»

Ab und zu schlüpfen auch besonders mutige Monster aus den Zeichnungen und stellen sich unserer Realität, so die kürzlich entstandenen Marionetten der Installation Imagos. Die Kreaturengruppe wird vom autokratischen, spinnigen Filibuster dirigiert, der die Fäden in seinen Händen hält. Dabei fällt mir ein: Wer zupft eigentlich unsere Fäden?

Und die Moral der Geschicht’?: Humor und Niedlichkeit sind nicht Fluchtwege aus der Komplexität des Lebens, sondern führen in diese hinein. Tauchen auch Sie ein, in die verborgenen Flüsse unseres Bewusstseins, denn vielleicht stossen Sie dort, an einem Ort abseits der Allmacht von Technologie und Vernunft auch noch auf Unentdecktes.

Institutions

Title Country City Details
Museum Haus Konstruktiv
Switzerland
Zürich
Zürich

Artist(s)

Details Name Portrait
Gigax

Author

Exhibitions / Events

Title Date Type City Country Details
Werkschau 2023 - Exhibition Zürich Switzerland
-
Exhibition
Zürich
Switzerland