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Werkschau 2023 — Lithic Alliance
Notebook

Unsere Verabredung findet per Zoom statt, da der menschliche Teil des Kollektivs, Daniel V. Keller, momentan in seiner zweiten Wahlheimat Brüssel verweilt.

Keller ist die initiierende Kraft von Lithic Alliance, einer schöpferischen Kollaboration zwischen menschlichen und nichtmenschlichen Akteur:innen der Lithosphäre. Dabei fungiert der menschliche Part – zumindest für Anlässe wie dieses Gespräch, aber auch für formale und administrative Vorgänge als Sprachrohr.

Die lithische Allianz – abgeleitet vom altgriechischen «lithos» für Stein und vom lateinischen «alligare» für verbinden –, verrät mein Gegenüber, resultiert aus der Erkenntnis, dass der Mensch niemals alleiniger Teilnehmer an seinem schöpferischen Handeln sein kann. Aus der Infragestellung des Anthropozentrismus erwuchs schliesslich das Bedürfnis, den Menschen auch in der gelebten künstlerischen Praxis zu überwinden. In unserer westlichen Ontologie kein einfaches Unterfangen, was, wie Daniel V. Keller einräumt, mit einer ständigen Reflexion über das erlernte Selbstverständnis einhergeht, wie sich der Mensch zu seiner Umwelt positioniert und welche Konsequenzen daraus erwachsen. «Es erfordert», so schliesst Keller den Gedanken ab, «zwangsläufig ein ‹Entlernen› unserer gewohnten Sicht auf die Welt.»

Diese Ansätze lassen sich in vielfacher Weise in den Werken von Lithic Alliance wiederfinden. So beispielsweise in der 2022 an den Swiss Art Awards gezeigten Mixed Media Installation Beyond the Ocular; einer Arbeit, die sich mit den ökologischen, ökonomischen, sozial-politischen und ästhetischen Zusammenhängen von Mineralien und der digitalen Kommunikation befasst. Und in der Tat: Auch diese Zusammenkunft wäre, so stelle ich unmittelbar fest, ohne das Mitwirken von Metallen der Seltenen Erden und Mineralien, die als stille Protagonisten den Alltag unseres digitalen Zeitalters prägen, nicht möglich.

Auf einem Grat zwischen Wissenschaft und Kunst stellt sich das Kollektiv durch visuelle und performative Methoden Fragen zur Zeitlichkeit und Narration; eingebettet in ein Spannungsfeld zwischen Macht und Erinnerung. Den theoretischen Konzepten der Handlungsfähigkeit materieller Wesen, der phänomenologischen Korrespondenzen, queeren Verwandtschaft sowie der komplexen Symbiose unseres Planeten folgend, sind die Werke dabei niemals strikt forensisch investigativ, sondern lassen stets Raum für Spekulation.

Mit der für die Werkschau konzipierten Arbeit Death and Stone widmet sich Lithic Alliance Themen der Existenz, Co-Existenz und Vergänglichkeit. Zwei über den Raum verteilte, steinerne Lautsprecher treten, aktiviert durch die Performance Superimpose, miteinander in Korrespondenz. Formal angelehnt an Grabsteine bilden sie zwei Punkte auf einer Zeitlinie. Die grossen zeitlichen Abstände der hin und her getragenen Vibrationen und der Klang- und Textfragmente erlauben es dabei, lediglich einem Moment des Gesamten beizuwohnen. Metaphorisch wird so die Lebenszeit von Mensch und Lithos in Relation gestellt. Aber auch Fragen nach der existenziellen Überlappung, nach geopolitischen Zusammenhängen zwischen Tod und Ressourcenbeschaffung sowie der Umstand, dass wir uns selbst einmal in mineralische Substanzen auflösen, verleihen der Arbeit eine zunächst ungeahnte Vielschichtigkeit.

Lithic Alliance (*2020)
Auswahl Auszeichnungen Lithic Alliance
2022     Nominiert für Swiss Art Award
2021    Kunststipendium der Stadt Zürich; Kunststipendium Kulturamt Kanton Thurgau

Auswahl Ausstellungen Lithic Alliance
2023    ‹Fugacity›, Linnahall Talinn, curated by Kristina Grigorjeva and Margit Säde CAVE, Fonsation 312, Brüssel; ‹Common Ground›, Biennale Weiertal CH, curated by Sabine Rusterholz Petko         2022    Kunst am Bau, Forschungsinstitut für biologischen Landbau Frick; ‹Here a nut falls twice›, curated by Sarah Sassanelli, ICA London; ‹Learning from the Earth›, Art Safiental Biennale; ‹Back to Earth›, Academie International de Ceramique AIC, Motel Campo, Geneve; A domestic Art Fair ADAF, Brüssel
2021    ‹soil to soil›, AlteFabrik Rapperswil, curated by Irene Grillo; ‹SEEMINGLY INCURABLE SENSATION OF TEMPORAL AMBIGUITY›, Couronne Biel; ‹A Practice of Love›, Curated by Marion Deneé, STEMS Gallery Brussels; ‹Zitronen und Zement›, Vom Material zur Skulptur, Atelier Hermann Haller Zürich;
2020    ‹Oops, a daisy (Urban management remix) ›, Projektraum Dietikon; ‹Gasträume Zürich›, Zürich

Institutions

Title Country City Details
Museum Haus Konstruktiv
Switzerland
Zürich
Zürich

Artist(s)

Details Name Portrait
Lithic Alliance

Exhibitions / Events

Title Date Type City Country Details
Werkschau 2023 - Exhibition Zürich Switzerland
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Exhibition
Zürich
Switzerland