Skip to main content
Werkschau 2023 — Nina Willimann und Mayumi Arai

Das Atelier von Nina Willimann und Mayumi Arai liegt an der rauschenden Strasse, die direkt über die Hardbrücke führt. Im hinteren Teil des ehemaligen Ladenlokals, da, wo Willimann/Arai arbeiten, ist es ganz ruhig, mit Blick in den grünen Hinterhof. Die Künstlerinnen verfügen erst seit Anfang Jahr über dieses gemeinsame Atelier am selben Ort – davor arbeiteten sie zwischen Tokio und Zürich, waren gemeinsam in Residenzen oder auf Reisen. Kennengelernt haben sie sich 2015 im Rahmen eines transkulturellen Austauschprojekts in Hongkong. Trotz anfänglicher Sprachbarrieren merkten sie schnell, dass sie ähnliche Fragen umtreiben. Daraus entwickelten sie eine kulturell übergreifende und recherchebasierte künstlerische Praxis, in der sie unterschiedliche Perspektiven einnehmen und diese zueinander in Bezug stellen.

Für die Werkschau bringen Willimann/Arai ein Gewächshaus in den Ausstellungsraum, das sie zur Dunkelkammer umfunktioniert haben. Die Plastikbehälter auf dem Boden sind mit Hühnermist gefüllt. Das aus diesen Exkrementen gasförmig freigesetzte Ammoniak diente dazu, die im abgedunkelten Treibhaus sowie die an der Wand hängenden Bilder zu entwickeln. Diese sogenannten Diazotypie-Drucke wurden bis zum Ende des letzten Jahrhunderts in einem maschinellen Lichtpausverfahren hergestellt, einer Vorläufertechnologie unserer heutigen Kopiergeräte. Das Interesse der Künstlerinnen für dieses bildgebende Verfahren ist durch eine Recherche zur Geschichte und Verwendung von Stickstoff entstanden. Dieses chemische Element ist essenziell für das Leben auf der Erde und kommt in allen lebenden Organismen vor. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts können Stickstoffverbindungen synthetisch hergestellt werden. Diese sind insbesondere für die Produktion von Sprengstoffen und Düngemitteln sowie für verschiedene industrielle Verfahren – so auch für die Diazotypie – von Bedeutung. Die wachsende Menge an reaktivem Stickstoff in der Biosphäre bringt den biologischen Kreislauf durcheinander und wird zunehmend zu einem Problem für unser Klima und zu einem Gift für die Biodiversität. Der paradoxen Wirkung spüren Willimann/Arai in ihrer Recherche nach. Dabei haben sie nach Möglichkeiten gesucht, Diazotypie-Drucke mit nachhaltigen Ressourcen herzustellen. Auf dem Bio-Bauernhof Hof Blum in Samstagern konnten sie Experimente mit der natürlich vorhandenen Stickstoffverbindung Ammoniak durchführen, die in Hühnermist enthalten ist. Dafür haben sie ein speziell beschichtetes Papier durch Schablonen mit Sonnenlicht belichtet und danach zur Entwicklung für mehrere Stunden in den Hühnerstall gehängt. Dem Gas ausgesetzt, sind langsam grünliche, gräulich oder bläuliche Bilder erschienen. Die Künstlerinnen haben diese Technologie, die für die «schnelle und kostengünstige» maschinelle Vervielfältigung von Dokumenten designt wurde, sozusagen gehackt und führen den Prozess in aufwendiger Handarbeit und mit nachhaltigen Ressourcen durch, wobei die Kopien zu Unikaten werden.

Nina Willimann (*1982 in Sursee, lebt in Zürich) und Mayumi Arai (*1988 in New York, lebt in Tokio und zurzeit in Zürich) arbeiten seit 2015 im Rahmen von ortsspezifischen, forschungs- und prozessbasierten Projekten zwischen Europa und Asien zusammen. In ihrer Arbeit untersuchen Willimann/Arai moderne dualistische Narrative wie West/Ost, Selbst/Andere, Natur/Kultur. In Zusammenarbeit mit Besucher:innen, lokalen Gemeinschaften und Expert:innen schaffen sie Arrangements des «Dazwischen» und vielstimmige Erzählungen.

Institutions

Title Country City Details
Museum Haus Konstruktiv
Switzerland
Zürich
Zürich

Artist(s)

Author

Details Name Portrait
Gianna Rovere

Exhibitions / Events

Title Date Type City Country Details
Werkschau 2023 - Exhibition Zürich Switzerland
-
Exhibition
Zürich
Switzerland