Kunst am Bau | Esther Mathis
Kunst am Bau | Esther Mathis
Wie die gläserne Wand der Künstlerin unsere Sicht auf das Andere hinterfragt.
Der Blick auf das Andere
Die Glaswand von Esther Mathis ist nicht absolut, sie ist lichtdurchlässig, wir sehen das Grün der dahinterliegenden Landschaft durchschimmern. So stellen sich beim Betrachten Fragen zum Thema Grenzen; bin ich drinnen und schaue nach draussen, oder blicke ich vielmehr von aussen auf einen Sehnsuchtsort? Wie stelle ich mir die andere Seite vor, da ich sie ja nur verschwommen erkennen kann? Die Künstlerin führt uns buchstäblich vor Augen, wie kleinkariert unser Blick auf «das Andere» sein kann. Das Gesamtbild zerfällt in kleine Stückchen, die wir zuerst wieder zu einem optischen Ganzen zusammensetzen müssen. Wer weiss, ob wir dabei nichts dazu dichten oder Wesentliches übersehen? Eventuell projizieren wir auch allzu gern das, was wir auf unserer Seite sehen, auf die andere? Oder vermuten wir dort gerade das, was uns vermeintlich fehlt? Sich mit Eigen- und Fremdwahrnehmung, Vorurteilen und kritischem Hinterfragen des eigenen Denkens auseinanderzusetzen, passt hervorragend zu einer Berufsschule, wo junge Erwachsene sich in der Gesellschaft und der Berufswelt zurechtfinden lernen. Ein einschneidender Gedanke kommt vielleicht erst nach längerem Verweilen: Wenn wir nur ein paar Schritte nach links oder rechts täten, könnten wir an der Wand vorbeisehen, und unser Blick würde sich klären – und die Wand gäbe es auf einmal gar nicht mehr.
Esther Mathis |